Technische Machbarkeit der Methanherstellung aus Algen demonstriert
Der am Paul Scherrer Institut PSI entwickelte Prozess der hydrothermalen Methanierung von wässriger Biomasse erreicht einen wichtigen Meilenstein: Dank der Zusammenarbeit im neuen Kompetenzzentrum des Bundes für Bioenergie BIOSWEET konnten Forschende des PSI, der ZHAW, der ETH Lausanne, der Empa und der Hochschule für Technik Rapperswil die technische Machbarkeit der Methanherstellung aus Mikroalgen demonstrieren. Der dazu verwendete Algenbioreaktor sowie die Anlage zur Methanierung der Algen können am 24. September auf dem Campus Grüental der ZHAW in Wädenswil besichtigt werden. Für Medienschaffende gibt es von 14:00 bis 14:30 eine spezielle Führung.
In Biomasse steckt viel Energie – Energie, die erneuerbar und praktisch überall auf der Welt gewonnen werden kann. Für viele Länder wäre die Nutzung der in Biomasse gespeicherten Energie deshalb einen bedeutenden Schritt in Richtung energetische Unabhängigkeit.
Brachliegendes Potenzial
Grosse Teile der energetisch nutzbaren Biomasse liegen in wässriger Form vor. Und sie liegt brach, weil bisher ein effizientes Verfahren für deren Umwandlung in Brenn- oder Treibstoffe fehlt. In der Schweiz wird das nachhaltige energetische Potenzial der nassen Biomasse auf 34.8 Petajoule pro Jahr geschätzt, nur 10.9 Petajoule jährlich werden aber tatsächlich verwertet. Neben der schon heute vorhandenen nassen Biomasse liegt auch in Algen ein grosses Potenzial. Algen wachsen schnell und lassen sich sowohl zu Energieträgern als auch zu Feinchemikalien verarbeiten, aber der Forschungsbedarf zur Verwertung von Algen ist noch gross. Mit dem Ziel, die technisch-ökonomische Machbarkeit eines Verfahrens zur energetischen Nutzung von Algen zu demonstrieren, arbeitet das PSI zusammen mit der ETH Lausanne, der Empa und der Hochschule für Technik Rapperswil bereits seit 2010 im Projekt SunCHem. Nun ist den Forschenden ein Durchbruch gelungen: sie haben Mikroalgen aus dem Bioreaktor der ZHAW in Wädenswil in die PSI-Anlage zur hydrothermalen Methanierung eingespeist und über 100 Stunden kontinuierlich energiereiches Gas produziert. Damit ist die technische Machbarkeit der kontinuierlichen hydrothermalen Methanierung von Mikroalgen unter Beweis gestellt worden, sagt SunCHem-Projektleiter Christian Ludwig.
Algenbioreaktor auf dem Campus Grüenthal der ZHAW in Wädenswil
Höhere Effizienz dank überkritischen Wassers
Das SunCHem-Verfahren basiert auf der sogenannten hydrothermalen Methanierung, die am PSI in der Forschungsgruppe von Frédéric Vogel über die letzten 10 Jahre entwickelt wurde. Zudem gehört zum SunCHem-Prozess die Schliessung der Stoffkreisläufe – das heisst: Nährstoff, die zum Algenwachstum verwendet werden, gewinnt man weitgehend zurück, sodass Abfallmengen minimiert werden. Die hydrothermale Methanierung unterscheidet sich von anderen herkömmlichen Verfahren dadurch, dass man das Wasser hier als Reaktionsmedium verwendet statt die Biomasse zu trocknen. Damit erspart man sich den für die Trocknung der Biomasse notwendigen Energieaufwand, womit die Effizienz des Verfahrens steigt. Der Schlüssel liegt darin, die Biomasse unter hohen Temperaturen und Drücken aufzubereiten, sodass das darin enthaltene Wasser in den sogenannten überkritischen Zustand übergeht. In diesem Zustand ist Wasser nämlich weder flüssig noch gasförmig, es vereint vielmehr Eigenschaften beider Aggregatszustände. Dies macht das Verfahren der hydrothermalen Methanierung viel effizienter als die biotechnologischen Alternativen. Bei der hydrothermalen Methanierung können 60 bis 75 Prozent der in den Ausgangsstoffen enthaltenen Energie in nutzbare Energie umgewandelt werden.
Geschlossener Nährstoff-Kreislauf
Zudem bringt das überkritische Wasser einen weiteren Vorteil mit sich: Die im Rohstoff enthaltenen Salze lassen sich leichter abtrennen. Anders als im alltäglichen unterkritischen Wasser sind Salze in überkritischem Wasser nicht löslich. „Dieser Aspekt ist entscheidend, erlaubt er doch eine Nährstoff-neutrale Bioenergieproduktion aus Algen, oder die Rückgewinnung von wertvollen Nährstoffen aus Gülle oder Klärschlamm“, erklärt Ludwig weiter. Dieser Verfahrensschritt ist auch notwendig, um den Katalysator zu schonen, welcher für die Produktion von Methan verwendet wird. Denn durch die Abscheidung der Salze werden viele Substanzen wie etwa Schwefel, die die Funktion des Katalysators beeinträchtigen aus dem Kreislauf genommen.
Optimierung von Salzabscheider und Katalysator
Der jetzt erreichte Meilenstein zeigt, dass die hydrothermale Methanierung von Algen grundsätzlich technisch machbar ist. Den Durchbruch haben die Forschenden ihrer langjährigen Arbeit zu verdanken, nicht zuletzt aber auch dem Beitrag der ZHAW mit deren Bioreaktor und Verfahren zur Algenzüchtung, das unter der Leitung von ZHAW-Forscher Dominik Refardt weiterentwickelt wird.
Entscheidend waren die in den letzten Monaten gefundenen Lösungen für eine längere Haltbarkeit des verwendeten Katalysators. „Wir haben den Salzabscheider so optimiert, dass Katalysatorgifte wie Schwefel und Teerstoffe besser zurückgehalten werden konnten. Ausserdem haben wir ein komplett neues Katalysatordesign benutzt und so den Kontakt des Katalysators mit dem Algenmaterial verlängert, was sich in einer höheren Methanausbeute auszahlte. Um den Katalysator besser vor Vergiftung zu schützen, haben wir eine spezielle Beschichtung eingesetzt, die Schwefel zurückhält“, berichtet Ludwig und fügt mit Hinblick auf die Zukunft hinzu: „Jetzt müssen aber ausführliche Tests folgen, um die Betriebsparameter der Anlage zu optimieren.“
Der PSI-Prozess besteht aus folgenden Schritten:
• Pumpen des Biomassebreis bei 300 bar
• Erhitzen unter Druck auf ca. 400 °C
• Abtrennung der Nährsalze im Salzabscheider bei ca. 450 °C
• Methanierung im katalytischen Reaktor bei 400-450 °C
• Kühlen und Trennen von Wasser und Gas, anschliessendes Entspannen.
• Abtrennen des CO2 (in der Testanlage nicht realisiert)
Die Vorteile der hydrothermalen Methanierung im Überblick:
• Höherer Wirkungsgrad
• Keine Trocknung nötig (Wasser dient als Reaktionsmedium)
• Produkte sind reines Wasser und Methan.
• Effiziente energetische Nutzung bestehender und neuer Biomasse-Sorten
• Effizientes Nährstoffrecycling
• Hormone und bioaktive Moleküle können zerstört werden
Text: Paul Scherrer Institut/Leonid Leiva
About PSI
The Paul Scherrer Institute PSI develops, builds and operates large, complex research facilities and makes them available to the national and international research community. The institute's own key research priorities are in the fields of matter and materials, energy and environment and human health. PSI is committed to the training of future generations. Therefore about one quarter of our staff are post-docs, post-graduates or apprentices. Altogether PSI employs 1900 people, thus being the largest research institute in Switzerland. The annual budget amounts to approximately CHF 350 million.
Additional information
Führungen finden am 24.9.2014 auf dem Campus Grüenthal der ZHAW in Wädenswil zu folgenden Zeiten statt:14:00-14:30 (Ausschliesslich für Medienschaffende)
15:00-15:30 (öffentlich)
16:00-16:30 (öffentlich)
Anreise zum Campus Grüenthal der ZHAW in Wädenswil
Website des SunCHem-Projektes
Website des Labors für Bioenergie und Katalyse
Contact
Prof. Dr. Christian Ludwig, Leiter der Gruppe Chemische Prozesse und Materialien und SunCHem-Projektleiter,Labor für Bioenergie und Katalyse, Paul Scherrer Institut,
Telefon: +41 56 310 26 96, E-Mail: christian.ludwig@psi.ch
Prof. Dr. Frédéric Vogel, Leiter der Gruppe Katalytische Verfahrenstechnik,
Labor für Bioenergie und Katalyse, Paul Scherrer Institut,
Telefon: +41 56 310 21 35 , E-mail: frederic.vogel@psi.ch
Dr. Dominik Refardt
Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften
Life Sciences und Facility Management
Grüental, 8820 Wädenswil
Telefon: 058 934 53 65
E-Mail: dominik.refardt@zhaw.ch