Im Unterschied liegt die Stärke

Warum CERN und PSI völlig verschieden sind und doch Herausforderungen gemeinsam angehen

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Am heutigen Gründonnerstag haben das Paul Scherrer Institut PSI und die Europäische Organisation für Kernforschung CERN ihre langjährige Kooperation formalisiert. Dazu unterzeichneten sie einen Vertrag zur Zusammenarbeit.

Die Leidenschaft für Experimente mit Teilchenbeschleunigern ist das, was Forschende am PSI und am CERN verbindet. Dann gehen die Unterschiede jedoch schon los: Während die Wissenschaftler am CERN der grundlegenden Fragestellung nachgehen, in welcher Wechselwirkung die kleinsten Teile der Materie zueinanderstehen, nützt man am PSI Elektronen, Myonen, Protonen und Neutronen, um damit anwendungsbezogen mehr über die Struktur von Materialien zu erfahren.

Im neuen Large Hadron Collider-Experiment des CERN werden zwei gegenläufige Teilchenstrahlen in einem Speicherring zur Kollision gebracht. Auf diese Weise möchte man am CERN klären, welche neuen Teilchen entstehen, wenn Protonen miteinander kollidieren. Auf der Suche nach Higgs-Teilchen und Supersymmetrie möchten die Forscher letztendlich nichts Geringeres als die grosse Frage nach dem Wie der Entstehung des Universums beantworten – den Big Bang simulieren.

Die Wissenschaftler am Paul Scherrer Institut sind da wesentlich erdverbundener. Unter Ausnutzung der bekannten Eigenschaften der Teilchen setzen sie diese für ihre Forschungszwecke ein. Teilchen wie Elektronen und Neutronen werden gleich einer Schrotladung auf einen Untersuchungsgegenstand geschossen. Die dabei entstehende Neuverteilung der Teilchen wird von sogenannten Detektoren gemessen und lässt Rückschlüsse auf die Beschaffenheit des Untersuchungsgegenstands zu. So kann man zum Beispiel mit Neutronen sehen, wie sich Wasser in einer Brennstoffzelle verteilt und damit ein optimales Antriebssystem für ein Brennstoffzellen-Fahrzeug konstruieren. Oder man erhält mit von schnellen Elektronen ausgesandtem Licht ein dreidimensionales Bild von feinsten Blutgefässverästelungen, um kann so Gefässablagerungen, die zu Alzheimer führen, auf die Spur kommen. Protonen benützt man am PSI unter anderem auch, um sie gezielt auf Krebsgeschwüre zu schiessen und damit den Tumor zu vernichten.

Unterschiedlich Ziele – gemeinsame Herausforderungen

Trotz der unterschiedlichen Zielsetzung an PSI und CERN gibt es eine Menge von gemeinsamen Herausforderungen: Beide Einrichtungen arbeiten mit grossen und komplexen Hochenergie-Beschleunigeranlagen. Solche Geräte zu entwickeln, bauen und betreiben ist aufwändig und teuer. Im Laufe der Jahre hat jede Einrichtung auf diesen Gebieten hochspezifische Expertise generieren können.

Der heute zwischen CERN und PSI vereinbarte Vertrag zur Zusammenarbeit hat das Ziel, dass die Partner von den hoch spezialisierten Kompetenzen des jeweils anderen profitieren. Mit der formalisierten Zusammenarbeit sollen Parallelentwicklungen verhindert werden. Stattdessen wird bei Komponenten, die beide Einrichtungen für den Betrieb ihrer Anlagen benötigen, eine Aufgabenteilung angestrebt. Ein Beispiel sind besonders vibrationsarme Trägerstrukturen für Magnete und Hochfrequenzkavitäten, die das PSI unter anderem für sein neues Zukunftsprojekt, den PSI-XFEL, benötigt. Um hier schnell und effizient das am besten geeignete Trägermaterial zu identifizieren (zur Auswahl stehen Mineralguss, Siliziumkarbit und Stahl), werden beide Einrichtungen Prototypen testen. So lässt sich in der gleichen Zeit doppelt so viel Material testen als wenn jede Einrichtung für sich alleine entwickeln würde.

Rolf-Dieter Heuer, CERN, und Joël Mesot, PSI, Direktoren der beiden Grossforschungseinrichtungen sind sich sicher, mit diesem Schritt den langjährigen Weg der Zusammenarbeit in die richtige Richtung fortzusetzen.

Das Paul Scherrer Institut entwickelt, baut und betreibt grosse und komplexe Forschungsanlagen und stellt sie der nationalen und internationalen Forschungsgemeinde zur Verfügung. Eigene Forschungsschwerpunkte sind Festkörperforschung und Materialwissenschaften, Elementarteilchenphysik, Biologie und Medizin, Energie- und Umweltforschung. Mit 1300 Mitarbeitenden und einem Jahresbudget von rund CHF 260 Mio. ist es das grösste Forschungsinstitut der Schweiz.

Das CERN ist ein internationales Forschungsinstitut, das von zwanzig Mitgliedstaaten getragen wird. Mit seinen rund 2500 Mitarbeitern ist es das weltgrösste Forschungszentrum auf dem Gebiet der Teilchenphysik. Das Jahresbudget des CERN beläuft sich auf ungefähr CHF 1,1 Milliarden.

Kontakt
Dr. Hans Braun, Projektleiter PSI-XFEL,
hans.braun@psi.ch, Tel: +41 56 310 3241
Bildmaterial

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