Forscher der Universität Basel und des Paul Scherrer Instituts konnten im Nanomassstab zeigen, wie sich Karies auf die menschlichen Zähne auswirkt. Ihre Studie eröffnet neue Perspektiven für die Behandlung von Zahnschäden, bei denen heute nur der Griff zum Bohrer bleibt. Die Forschungsergebnisse wurden in der Fachzeitschrift «Nanomedicine» veröffentlicht.
Bei Karies, der häufigsten Zahnerkrankung, greifen von Bakterien produzierte Säuren die Zähne an und lösen die in Zahnschmelz, Zahnbein (Dentin) und Wurzelzement vorhandenen Mineralien heraus. Solange der äussere Zahnschmelz intakt ist, lassen sich erste Schadstellen durch Fluoridpräparate und durch eine gute Zahnhygiene in begrenztem Mass remineralisieren. Was beim Zahnschmelz noch teilweise funktioniert, gilt aber nicht für das Zahnbein: Sind die Bakterien und Säuren einmal tiefer ins Dentin eingedrungen, muss der Zahnarzt die betroffene Stelle weiträumig mit dem Bohrer entfernen, bevor der Zahn mit einer Füllung rekonstruiert werden kann.
Remineralisierung des Dentins angestrebt
Das Zahnbein besteht nicht nur aus keramischen Komponenten, sondern enthält etwa zu einem Fünftel auch organisches Material. Bereits früher wurde vermutet, dass diese organischen Bestandteile – insbesondere bestimmte Struktureiweisse (Kollagen) – von einer Schädigung unberührt bleiben und dass ihre Struktur Ausgangspunkte für eine Remineralisierung bieten könnte. Um diese Hypothese zu überprüfen, nutzten die Forscher um Bert Müller vom Biomaterials Science Center der Universität Basel eine Röntgenstreumethode am Paul Scherrer Institut PSI, um die Kollagendichte von gesunden und kariösen Zahnstellen miteinander zu vergleichen.
Dazu zersägten die Forscher gesunde und kariöse Zähne in dünne Scheibchen von 0,2 bis 0,5 Millimeter und untersuchten sie an der Synchrotron Lichtquelle Schweiz des PSI mithilfe eines als ortsaufgelöste Kleinwinkelröntgenstreuung (Scanning Small-Angle X-ray Scattering, SAXS) bezeichneten Verfahrens. Bei der Untersuchung stellten sie fest, dass die Kariesbakterien zunächst nur die keramischen Komponenten des äusseren Zahnschmelzes und des darunter liegenden Zahnbeins zerstören. Hingegen bleibt in einem frühen bis mittlerem Kariesstadium ein erheblicher Teil des kollagenen Grundgerüsts des Zahns erhalten.
Die Wissenschaftler vermuten deshalb, dass ihr Verfahren künftig nicht nur die Entwicklung biomimetischer Zahnfüllungen ermöglichen wird, sondern dass auch Kariesbehandlungen entwickelt werden können, welche auf dem unbeschädigten Kollagengerüst aufbauen und die Remineralisierung des geschädigten Dentins beispielsweise mit Nanopartikeln erlauben.
Text auf Grundlage der Medienmitteilung der Universität Basel
Über das PSI
Das Paul Scherrer Institut entwickelt, baut und betreibt grosse und komplexe Forschungsanlagen und stellt sie der nationalen und internationalen Forschungsgemeinde zur Verfügung. Eigene Forschungsschwerpunkte sind Materie und Material, Mensch und Gesundheit, sowie Energie und Umwelt. Mit 1400 Mitarbeitenden und einem Jahresbudget von rund 300 Mio. CHF ist es das grösste Forschungsinstitut der Schweiz.
Kontakt / Ansprechpartner
Prof. Dr. Bert Müller, Thomas-Straumann-Professor für Materialwissenschaft in der Medizin,Biomaterials Science Center der Universität Basel,
Tel. +41 61 265 96 60, E-Mail: bert.mueller@unibas.ch
Dr. Oliver Bunk, Leiter des Labors für Makromoleküle und Bioimaging,
Paul Scherrer Institut, 5232 Villigen PSI, Schweiz,
Tel. +41 56 310 30 77, E-Mail: oliver.bunk@psi.ch
Weiterführende Informationen:
Originalveröffentlichung
Nanostructure of healthy and caries-affected human teethHans Deyhle, Oliver Bunk, Bert Müller
Nanomedicine: Nanotechnology, Biology, and Medicine (in press)
doi: 10.1016/j.nano.2011.09.005