Schweizer Spitzenforschung in Europäischer Grossforschungsanlage

Heute haben die Vertreter von zehn Staaten – darunter die Schweiz – im Hamburger Rathaus an der Vertragsunterzeichnung für den Bau des European XFEL teilgenommen. Der XFEL ist ein Laser, der ultrakurze hochintensive Pulse von Röntgenlicht erzeugen wird. Damit wird man zum Beispiel bestimmen wie komplizierte Biomoleküle oder neuartige Werkstoffe aus einzelnen Atomen zusammengesetzt sind, die Abläufe chemischer Reaktionen mit einer Bildfolge von 100 Femtosekunden (0,1 Millionstel einer Millionstelsekunde) beobachten und Vorgänge untersuchen, wie sie im Erdinneren auftreten. Die Anlage wird 3,4 Kilometer lang sein und unter den deutschen Bundesländern Hamburg und Schleswig-Holstein verlaufen. Sie soll 2015 in Betrieb gehen. Die Schweiz ist zusammen mit anderen Ländern am Aufbau der Anlage beteiligt und wird zum Gelingen des Projekts an entscheidenden Stellen mit Know-how beitragen, das am Paul Scherrer Institut entwickelt worden ist. Neben dem Engagement am European XFEL arbeitet das PSI an einem nationalen Röntgenlaser – dem SwissFEL –, der 2016 in Betrieb gehen soll.

Schweizer Entwicklungen machen es möglich:
Stabiler Elektronenstrahl und Filme, die chemische Reaktionen zeigen

Der European XFEL wird nach dem Prinzip eines Freie-Elektronen-Lasers (FEL) funktionieren, d.h. in einem langen Tunnel werden schnelle Elektronen auf eine Wellenbahn gezwungen und strahlen dabei Pulse von Röntgenlicht (englisch: X-Rays) ab. Damit dabei Pulse von entsprechender Qualität entstehen, ist es entscheidend, dass die Elektronen sehr exakt auf der vorgeschriebenen Bahn bleiben. Ein System, das laufend die Position des Elektronenstrahls überprüft und so entscheidend dazu beiträgt, dass der Strahl stabil bleibt, wird von Fachleuten des Paul Scherrer Instituts beigetragen.

Der zweite wichtige Beitrag des PSI sind neuartige Detektoren, die den Röntgenpuls auffangen, mit dem der Untersuchungsgegenstand durchleuchtet worden ist – sie spielen also eine ähnliche Rolle wie der Chip in einer Digitalkamera. Die am PSI entwickelten Pixel-Detektoren haben zum einen eine aussergewöhnlich hohe Auflösung – ermöglichen also sehr scharfe Bilder. Zum anderen können sie sehr schnell ausgelesen werden, so dass es tatsächlich möglich sein wird, die einzelnen Zwischenstufen einer chemischen Reaktion aufzunehmen und so praktisch einen Film zu drehen, der den Ablauf der Reaktion zeigt. Das ist in dieser Form bisher nicht möglich.

Schweizer Experimente am European XFEL

Die Forschenden des Paul Scherrer Instituts werden nicht nur am Aufbau der eigentlichen Anlage, sondern auch an der Entwicklung von Experimenten beteiligt sein, die die Möglichkeiten der neuen Forschungsanlage effizient ausnutzen sollen. Dafür wird ihnen ihre Erfahrung beim Aufbau von neuartigen Experimenten an der PSI-eigenen Synchrotron Lichtquelle Schweiz SLS zugute kommen. Nach der Inbetriebnahme im Jahr 2015 wird der European XFEL als Nutzeranlage betrieben werden – also interessierten Forschern aus aller Welt zu Verfügung stehen. Auch hier werden Forschende von Schweizer Forschungsinstituten und Universitäten zu den Nutzern zählen.

SwissFEL – der Schweizer XFEL

Der European XFEL wird die dritte Anlage dieser Art weltweit sein (nach Anlagen in den USA und in Japan). Als vierte Anlage ist der SwissFEL geplant – der Röntgenlaser am Paul Scherrer Institut, der 2016 in nächster Umgebung des Institutsgeländes in den aargauischen Gemeinden Villigen und Würenlingen in Betrieb gehen soll. Diese Anlage wird dank neuer Technologien kompakter als die Vorläufer und als nationales Projekt auf die Bedürfnisse der Schweizer akademischen und industriellen Forschung ausgerichtet sein. SwissFEL kann als Vorreiter einer neuen Generation von Forschungsanlagen weltweit neue Trends setzen.

Der European XFEL – Zahlen und Fakten

Am Projekt European XFEL sind insgesamt zehn Länder beteiligt: Dänemark, Deutschland, Frankreich, Griechenland, Großbritannien, Italien, Polen, Russland, Schweden, Schweiz, Slowakei, Spanien, Ungarn und die Volksrepublik China. Von den Gesamtkosten von rund 1082 Millionen Euro trägt Deutschland 54% und Russland 23%. Die Schweiz beteiligt sich vor allem durch die Lieferung von technischen Komponenten und durch die Arbeitszeit der Techniker und Wissenschaftler. Der European XFEL wird 3,4 km lang sein und grösstenteils unterirdisch verlaufen – in einer Tiefe von bis zu 38 Metern.


Über das PSI

Das Paul Scherrer Institut entwickelt, baut und betreibt grosse und komplexe Forschungsanlagen und stellt sie der nationalen und internationalen Forschungsgemeinde zur Verfügung. Eigene Forschungsschwerpunkte sind Festkörperforschung und Materialwissenschaften, Elementarteilchenphysik, Biologie und Medizin, Energie- und Umweltforschung. Mit 1300 Mitarbeitenden und einem Jahresbudget von rund 260 Mio. CHF ist es das grösste Forschungsinstitut der Schweiz.

Weitere Informationen

Dr. R. Abela, SwissFEL Projekt, Projektleiter Photonik und Forschung, Paul Scherrer Institut,
E-Mail: rafael.abela@psi.ch, Telefon: +41 79 437 43 48

Prof. Dr. L. Rivkin, Bereichsleiter Grossforschungsanlagen, Paul Scherrer Institut,
E-Mail: leonid.rivkin@psi.ch, Telefon: +41 79 252 97 88
Bildmaterial

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