Das PSI hat über 30 Jahre Erfahrung mit der Protonentherapie. Aus den Forschungslabors unseres Instituts stammt das Spot-Scanning-Verfahren, welches Tumore punktgenau zerstören kann.
Innovation Spot-Scanning
Mit dem am Paul Scherrer Institut entwickelten Spot-Scanning gelingt es, Tumore mit einer genau definierten Strahlendosis präzise zu bestrahlen. Das Spot-Scanning-Verfahren wird mittlerweile weltweit verwendet und hat sich international als vielversprechendste Weiterentwicklung der Protonentherapie durchgesetzt.
Am PSI ist die Methode seit 1996 im Einsatz. Sie wird auch Pencil-Beam- Scanning genannt, also Bleistiftstrahl- Scanning. Denn der verwendete Protonenstrahl ist so dünn wie ein Bleistift – ungefähr fünf bis sieben Millimeter
Punkt für Punkt, Ebene für Ebene
Das Besondere beim Spot-Scanning: Der bleistiftdünne Strahl scannt zuerst nur eine bestimmte Ebene des Tumors. Der Strahl wird dabei in alle möglichen Ecken und Winkel der Ebene gelotst und entfaltet Punkt für Punkt seine zerstörerische Wirkung. Anschliessend scannt er die nächste Ebene. Dies wird Ebene für Ebene wiederholt, bis der Protonenstrahl schliesslich die ganze Geschwulst Punkt für Punkt gescannt hat. Bei einem Tumorvolumen von einem Liter sind es rund 10000 Punkte (Spots).
Die Strahlendosis kann dabei fein moduliert werden: Jeder Punkt führt eine genau definierte Strahlendosis mit sich. Der bleistiftdünne Strahl scannt den Tumor nicht nur ein einziges Mal ab. Am PSI werden Geschwülste vielmehr aus mehreren Richtungen (auch Felder genannt) bestrahlt.
Das Spot-Scanning hat somit eine Reihe von Vorteilen: Die Protonenstrahlen passen sich besonders präzise an die dreidimensionale Form des Tumors an. Gesunde Areale werden optimal geschont. Auch die Dosisverteilung innerhalb der Geschwulst kann individuell auf den Patienten, die Patientin zugeschnitten werden.
Prinzip der am PSI entwickelten Spot-Scanning-Technik
Die drei Bilder stellen dar, wie der Protonenstrahl das Tumorvolumen nach und nach vollständig erfasst. Das erste Bild zeigt einen einzelnen Protonenstrahl im gelb eingezeichneten Zielgebiet. Der Strahl gibt am Ende seiner Laufbahn die maximale Dosis ab. Nach und nach wird der Tumor Punkt für Punkt in allen Ebenen mit dem Strahl abgetastet, bis - wie im dritten Bild zu sehen - der gesamte Tumor mit maximaler Dosis getroffen ist. Links im Strahlengang vor dem Tumor ist weniger Dosis; rechts hinter dem Tumor kommen gar keine Protonenstrahlen mehr an.
Integriert in diese intensitätsmodulierte Protonentherapie ist übrigens auch ein Boost. So nennen Strahlenmediziner die zusätzliche Bestrahlung eines kleineren Areals, in welchem das Risiko eines Rückfalls am grössten ist. Der Boost erfolgt meist am Ende der Behandlung.
PSI als Vorreiter
Die Protonentherapie hat am Paul Scherrer Institut bereits eine lange Tradition: 1984 hatten im aargauischen Villigen Ärztinnen und Ärzte zusammen mit Medizinphysikern mit grossem Erfolg begonnen, Menschen am Auge mit Protonen zu bestrahlen.
Ab 1996 haben wir unsere Behandlungen auf Patientinnen und Patienten mit tief im Körper liegenden Tumoren ausgedehnt. Betroffene profitieren seither von dem am PSI erfundenen Spot-Scanning, das Tumore mit einem fein modulierbaren Strahl zerstört. Seit 2004 können wir auch Kleinkinder (in Narkose) mit den Strahlen behandeln. Ein Anästhesieteam des Kinderspitals Zürich übernimmt die Anästhesie der Kinder am PSI.
Zusammen stark: Klinik und Forschung
Das Zentrum für Protonentherapie ZPT ist Teil der Forschungsanstalt Paul Scherrer Institut PSI. Ihnen als Patientin, als Patient ist somit bestes Knowhow vor Ort garantiert: Hier werden neueste technische Entwicklungen erdacht und realisiert, die Krebsbetroffenen zugutekommen. Und umgekehrt fliessen sowohl Ihre Bedürfnisse als krebsbetroffene Person wie auch die Ergebnisse der medizinischen Evaluation in unsere Forschung am ZPT ein. Patientinnen und Patienten des Zentrums für Protonentherapie erhalten eine qualitativ herausragende Behandlung. Die Therapie wirkt zuverlässig und wird zudem bestens überwacht.
Protonentherapie-Forschung für Patienten
Am Paul Scherrer Institut wird Spitzenforschung betrieben. Wissenschaftle rinnen und Wissenschaftler treiben namentlich die Entwicklung der Protonentherapie stetig voran. Im Fokus steht dabei immer die Frage: Wie kann ein Patient, eine Patientin behandelt und das gesunde Gewebe gleichzeitig am besten geschont werden?
Unter anderem erforschen Wissenschaftler am PSI, wie bewegte Tumore am besten mit Protonen behandelt werden können. So werden Tumore genannt, die ihre Lage im Körper ein wenig verändern, weil sie durch die Atmung bewegt werden. Zu den bewegten Tumoren gehören etwa Lungenoder Brustkrebs.
Kontinuierlich werden bei uns die klinischen Daten behandelter Patientinnen und Patienten in wissenschaftlichen Projekten aufgearbeitet. Auch führen wir Untersuchungen zur Lebensqualität nach einer Protonentherapie oder zu anderen spezifischen Aspekten der Therapie durch. An diesen Studien können Sie, wenn Sie interessiert sind, teilnehmen. Alle Studien werden strikt nach den gesetzlichen Vorschriften in der Schweiz durchgeführt. Sie dienen der laufenden Qualitätskontrolle sowie der Verbesserung unseres Therapieangebotes. Die Ergebnisse werden in wissenschaftlichen Zeitschriften veröffentlicht und auf Kongressen vorgestellt.
Behandlungserfolge in Zahlen
Insgesamt wurden am PSI bis Ende 2022 über 8000 Patientinnen und Patienten mit Augentumoren behandelt und mehr als 2000 mit tief liegenden Tumoren. Darunter waren über 770 Kinder und Jugendliche, die von der schonenden Therapie profitiert haben.
Bei Betroffenen mit Augentumoren, die seit 1984 in Villigen bestrahlt wurden, konnte in über 98 Prozent der Fälle das Tumorwachstum gestoppt werden. Bei 90 Prozent wurde zudem das tumorkranke Auge gerettet.
Im Unterschied zu den Tumoren am Auge stellen die tief liegenden Tumoren eine weniger einheitliche Gruppe dar. Der Erfolg der Bestrahlung hängt hier stark von der Lokalisation, der Grösse und der Art des Tumors ab. Auch dessen konkrete Vorbehandlung spielt eine Rolle. So kommt es bei der einen Krebsbehandlung beispielsweise bei bis zu 90 Prozent der Patienten zu einer langfristigen Kontrolle des Tumors. Während bei einer anderen Tumorart zwei Drittel der Behandelten mit einer mindestens fünfjährigen Kontrolle rechnen dürfen.
Grosse Technik für kleine Teilchen
Herzstück der Protonentherapie-Anlage am PSI ist der Teilchenbeschleuniger COMET (COmpact MEdical Therapy Cyclotron). Der Beschleuniger wiegt 90 Tonnen und beliefert alle Bestrahlungsplätze mit Protonen.
COMET beschleunigt die Protonen auf ungefähr 60 Prozent der Lichtgeschwindigkeit. Das entspricht rund 180000km pro Sekunde. Die Teilchen kreisen dabei einige hunderte Male im ringförmigen Beschleuniger und werden immer schneller und energiereicher. Aus dem Kreisbeschleuniger herauskatapultiert werden sie gebündelt und nach Bedarf abgebremst. Am PSI bewerkstelligen dies sogenannte «Degrader» oder Bremsplatten, die in den Strahlweg geschoben werden. Magnetfelder dirigieren die Strahlen zum jeweiligen Bestrahlungsplatz.
Ein ausgeklügeltes, fünfstufiges Kontrollsystem überprüft dabei jede hundertstel Mikrosekunde, ob die Protonenstrahlen in korrekten Bahnen verlaufen. So wird die Sicherheit von Kreisbeschleuniger, Verteilsystem sowie den Behandlungsplätzen gewährleistet.