Übersichtsartikel

Neutronen – Eigenschaften und Möglichkeiten

Neutronen bieten Physikern, Chemikern, Biologen und Materialwissenschaftlern einzigartige Einblicke in den Aufbau von unterschiedlichen Materialien.



Was man Besonderes mit Neutronen sehen kann und wie diese Einblicke mit den speziellen physikalischen Eigenschaften der Neutronen zusammenhängen – das soll kurz auf dieser Seite dargestellt werden.

Das Neutron: Teilchen und Welle

Für die meisten Experimente mit Neutronen ist entscheidend, dass Neutronen sich nach der Quantenphysik sowohl als Teilchen als auch als Wellen verhalten. Denn die meisten Neutronenstreuexperimente nutzen Interferenzphänomene, die entstehen, wenn sich mehrere Wellen überlagern.

Neutronen zeigen Struktur

Neutronen kann man daher auch eine Wellenlänge zuordnen. Diese ist gerade ungefähr so gross wie die untersuchten Strukturen, was die Streuexperimente und Strukturbestimmungen erst ermöglicht. Für ein normales Mikroskop wären diese Strukturen hingegen viel zu klein. Oftmals ergänzen sich Untersuchungen mit Neutronen und anderen Sonden wie z.B. Röntgenstrahlung, weil beide Sonden jeweils andere Atome gut sichtbar machen können.

Neutronen zeigen Bewegung

Mit Neutronen können darüber hinaus auch Bewegungsprozesse im Inneren eines Festkörpers untersucht werden – z.B. wenn Atome des Kristallgitters gegeneinander schwingen. Im Experiment schickt man einen Strahl von Neutronen bestimmter Geschwindigkeit durch eine Probe und misst, wie sich die Geschwindigkeit – und damit die Bewegungsenergie – durch die Wechselwirkung mit der Probe verändert hat. Die Änderung der Energie der Neutronen entspricht dann der Energie einer möglichen Bewegung im untersuchten Festkörper.

Neutronen zeigen Magnetismus

In vielen Materialien tragen die Atome ein magnetisches Moment – sie wirken gewissermassen wie winzige Stabmagnete. Ihre Anordnung bestimmt über die magnetischen Eigenschaften des Materials. Neutronen liefern Information über diese magnetische Struktur, weil sie selbst auch ein magnetisches Moment tragen und so wie winzige Kompassnadeln auf ihrem Weg durch die Probe Informationen über die magnetische Struktur aufsammeln können.

Neutronenforschung im Dienste der Archäologie: Tibetische Buddhastatue aus Messing (15. Jhd): Fotografie und ein mit Neutronen erzeugtes Durchleuchtungsbild. Das Neutronenbild zeigt, dass in der Statue Holzgegenstände und trockene Blumen verborgen sind. Die Statue blieb bei der Untersuchung völlig unbeschädigt. Neutronen dringen leicht durch dickes Metall und zeigen wasserstoffhaltige Substanzen wie organisches Material.

Neutronen dringen als eine der wenigen mikroskopischen Sonden tief in die untersuchten Materialien ein und können so Strukturen zeigen, die sich tief im Innern der Festkörper oder Flüssigkeiten befinden. Das liegt daran, dass Neutronen keine elektrische Ladung haben und daher praktisch nur mit den Atomkernen des untersuchten Materials wechselwirken und nicht mit den Elektronen, die den grössten Raum in der Materie ausfüllen.

Neutronen zeigen Wasserstoff

Für Röntgenstrahlen sind Wasserstoffatome fast unsichtbar. Neutronen dagegen können Wasserstoff sehr deutlich zeigen. Das ist wichtig bei der Untersuchung biologischer Stoffe, aber auch für bildgebende Verfahren, bei denen Wasser und organische Substanzen auch hinter einem dicken Metallgehäuse deutlich sichtbar gemacht werden können.

Neutronen als Untersuchungsobjekt

Neutronen sind am PSI nicht nur Werkzeug, sondern auch Forschungsobjekt. Die Suche nach dem elektrischen Dipolmoment des Neutrons soll weitere Einsichten zum Standardmodell der Elementarteilchenphysik beitragen.

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