Aerosolmessungen: PSI-Forscher helfen, regionale Lücken auf dem Globus zu schliessen

Aerosole sind kleine Feinstaubpartikel in der Atmosphäre. Sie können durch direkte Absorption oder Streuung von Sonnenstrahlung oder als Keime für die Entstehung von Wolken das Weltklima beeinflussen. Das Bestreben von Klimaforschern, diese Effekte genau zu quantifizieren und somit die Klimamodelle zu verbessern, wird aber durch das Fehlen eines den gesamten Globus umspannenden Netzwerks von Aerosolmessstationen erschwert. Forscher des Paul Scherrer Instituts PSI engagieren sich im Projekt CATCOS (Capacity Building and Twinning for Climate Observing Systems), um kontinuierliche Aerosolmessungen dort zu ermöglichen, wo die Lücken am grössten sind. Dies betrifft Entwicklungs- und Schwellenländern vor allem südlich des Äquators. Das von der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit DEZA finanzierte Projekt wird vom Bundesamt für Meteorologie und Klimatologie MeteoSchweiz koordiniert.

Der PSI-Forscher Nicolas Bukowiecki (Bildmitte) betreut vor Ort das technische Personal der CATCOS-Messstation in technischen und wissenschaftlichen Fragen. Bild. Paul Scherrer Institut.

Der letzte Bericht des Weltklimarats IPCC hat die Ungewissheit in Sachen Aerosolbelastung in der Atmosphäre noch einmal deutlich vor Augen geführt. Obwohl es unter Klimaforschern als beinahe sicher gilt, dass Aerosole insgesamt zur Kühlung statt zur Erwärmung unseres Planeten beitragen, ist noch ungeklärt, wie stark diese Abkühlung ist.

Direkte und indirekte Einflüsse

Aerosole haben einen direkten und einen indirekten Einfluss auf das Klima. Direkt, indem sie selbst Sonnenstrahlung absorbieren bzw. streuen und somit die darin enthaltene Energie einfangen bzw. abschirmen. Indirekt, weil sie als Keime dienen können, an denen Wolkentröpfchen wachsen, die wiederum einen Teil der Sonnenenergie am Eintritt in die tieferen Atmosphärenschichten hindern. Weil die Bildung von Wolken sowie deren Wechselwirkung mit Sonnenstrahlung sehr komplex sind, bestehen beim indirekten Klimaeffekt von Aerosolen noch recht grosse Unsicherheiten. Aber auch der direkte Einfluss muss präziser erfasst werden. Ein erheblicher Teil der Unsicherheit rührt aus dem Mangel an Aerosolmessstationen in Regionen mit hoher Aerosolbelastung wie Afrika oder Südostasien. Generell herrscht südlich des Äquators grosser Bedarf, im Gegensatz zur relativ engmaschig mit Messstationen abgedeckten nördlichen Hemisphäre. Diesen Mangel zu beheben ist das Ziel der PSI-Forscher im Rahmen des Projekts CATCOS (Capacity Building and Twinning for Climate Observing Systems), das durch die DEZA finanziert wird. Im Rahmen von CATCOS werden neben Aerosolen auch die Konzentration von Treibhausgasen (durch die Empa) sowie die Entwicklung von Gletschern (durch die Universitäten Zürich und Fribourg) überwacht. Koordiniert wird das Projekt durch MeteoSchweiz.

Kaum erforschte Hotspots

Aerosolmessstationen aufzubauen und zu betreiben ist ein anspruchsvolles und ressourcenintensives Unterfangen. Für das Verständnis der Klimadynamik auf globaler wie regionaler Skala sind Aerosolmessungen in wenig entwickelten Ländern jedoch unerlässlich. Deshalb greift nun die DEZA im Rahmen von CATCOS solchen Ländern unter die Arme. Das Labor für Atmosphärenchemie des PSI stellt seine Expertise in Sachen Aerosolmessungen zur Verfügung. Bisher konnten dank CATCOS Messstationen in Indonesien und Chile den Betrieb aufnehmen. Im Jahr 2014 sollen zwei weitere Stationen, jeweils eine in Kenya und Vietnam, betriebsbereit werden. Bei diesen ausgewählten Standorten handelt es sich um bisher kaum erforschte Hotspots der Aerosolbelastung. In Afrika beispielsweise steigt vor allem auf Grund der beim Kochen oft eingesetzten Holzverbrennung eine erhebliche Aerosolmenge in die Atmosphäre. Weil Messdaten fast inexistent sind, ist hier und in Ostasien die Ungewissheit bei der Abschätzung der tatsächlichen Aerosolkonzentration am grössten. In Ländern wie Indonesien wiederum ist es eine übliche Praxis in der Landwirtschaft, Wälder zur Erschliessung frischer Anbauflächen zu verbrennen, was wiederum beträchtliche Aerosolemissionen verursacht.

Aerosoltypen identifizieren

Praktisch im Minutentakt wird an den von den PSI-Forschern betreuten Messstationen die lokale Aerosolkonzentration gemessen. Insbesondere wird auch die direkte Wechselwirkung der Aerosole mit Sonnenlicht charakterisiert, also deren Lichtabsorption und -streuung. Die Messung der Absorption geschieht mit einem sogenannten Aethalometer. In diesem Instrument befindet sich ein Filter, in dem sich die Aerosole einer Luftprobe ablagern. Dann misst man die Änderung der durch den Filter durchtretenden Lichtintensität, was ein Mass für die von den Aerosolen absorbierte Strahlung liefert. Die Streuung des Lichts an den Aerosolen wird mit einem separaten Instrument gemessen, das die Forscher als Nephelometer bezeichnen. Hier wird durch Platzieren von Detektoren rings um die mit Aerosolen durchsetzte Luftprobe gemessen, wie viel Licht in welche Richtung gestreut wird. Die Messungen werden mit Licht verschiedener Wellenlängen gemacht, um nicht nur die gesamte Aerosolmenge sondern auch die vorhandenen Aerosoltypen zu bestimmen. So ist bekannt, dass Aerosole aus der Holzverbrennung vermehrt UV-Licht absorbieren: eine Abnahme der UV-Intensität lässt also Rückschlüsse auf die Präsenz derartiger Aerosole zu. Russpartikel hingegen werden durch die Abschwächung des infraroten Anteils charakterisiert.

Robustheit und Nachhaltigkeit

Die verwendeten Instrumente sind allesamt kommerziell erhältlich, die PSI-Forscher haben aber die Messsysteme so angepasst, dass Ausfälle möglichst selten vorkommen. „Diese Geräte sind sehr komplex und deshalb störanfällig. Wir wollen aber zunächst einen wartungsarmen Betrieb sicherstellen.“, sagt PSI-Forscher Nicolas Bukowiecki, der das Projekt technisch und wissenschaftlich betreut. Zum Zweck einer nachhaltigen Nutzung der Messstationen hat man bei CATCOS einige Änderungen im Vergleich zu früheren ähnlichen Projekten eingeführt. Ein Novum ist zum Beispiel, dass man die Messstationen nicht gleich nach deren Inbetriebnahme den Standortländern überlässt. In der Vergangenheit hat diese Praxis nämlich dazu geführt, dass die Stationen aus Kosten- oder technischen Gründen nicht lange betrieben wurden. Bei CATCOS soll der Übergang zum selbständigen Betrieb deshalb über längere Zeit begleitet werden. In dieser Übergangszeit sollen lokale Techniker, Datenspezialisten und Wissenschaftler entsprechend ausgebildet werden.

Text: Leonid Leiva

Weiterführende Informationen
Website von CATCOS

Labor für Atmosphärenchemie
Kontakt / Ansprechpartner
Dr. Nicolas Bukowiecki, Labor für Atmosphärenchemie, Paul Scherrer Institut,
Telefon: +41 56 310 24 65 , E-Mail: nicolas.bukowiecki@psi.ch