Neue Reaktion zur Umwandlung von Methan in Methanol
Bei der Förderung von Erdöl wird auch gasförmiges Methan frei, das heutzutage meist einfach verbrannt wird, obwohl es eigentlich ein nützlicher Ausgangsstoff für Treibstoffe und Produkte der chemischen Industrie sein könnte. Ein Weg, das Methan nutzbar zu machen, besteht darin, es in Methanol umzuwandeln. Methanol lässt sich als Flüssigkeit einfacher transportieren als Methan und kann sowohl als Treibstoff als auch als Grundstoff für die chemische Industrie verwendet werden. Forschende des Paul Scherrer Instituts PSI und der ETH Zürich haben nun einen neuen chemischen Prozess entwickelt, mit dem sich diese Umwandlung effizient und mit geringem Aufwand umsetzen lässt. Dieser könnte langfristig in kompakten technischen Anlagen zum Einsatz kommen, die auch auf Ölfeldern errichtet werden könnten. Über ihre Ergebnisse berichten die Forschenden in der neuesten Ausgabe des Fachjournals Science.
Die Forschenden haben erstmals gezeigt, dass sich Methanol aus einer Kombination von Methan mit Wasser herstellen lässt. Das ist zunächst eine wichtige wissenschaftliche Entdeckung
, betont Marco Ranocchiari, Forschungsgruppenleiter im Labor für Katalyse und nachhaltige Chemie am Paul Scherrer Institut PSI. Es war bisher nicht klar, dass Wasser genutzt werden könnte, um Methan zu Methanol zu oxidieren.
Gleichzeitig hätte dieser Prozess auch in der industriellen Praxis wesentliche Vorteile. Heutzutage geschieht die Umwandlung von Methan zu Methanol in zwei Verfahrensschritten unter hohem Druck und bei hoher Temperatur in industriellen Chemie-Anlagen, die viel zu gross und aufwendig sind, als dass man sie auf einzelnen Ölfeldern aufbauen könnte.
In einem Schritt und ohne unerwünschte Nebenprodukte
Bei der von den Forschenden des PSI und der ETHZ entwickelten Reaktion geschieht die Umwandlung in einem Schritt und unter kleinerem Druck, sodass sich deutlich einfachere Anlagen realisieren liessen. Die Reaktion ist nicht die erste, bei der Methan in Methanol in einem Schritt umgewandelt wird – vielfach waren Forschende des PSI und der ETHZ auch an der Entwicklung der anderen Reaktionen beteiligt. Die neue Reaktion ist aber deutlich selektiver als die anderen
, erklärt Dennis Palagin, Forscher am PSI und einer der Autoren der Studie, das heisst, es entsteht hier neben dem Methanol nur noch Wasserstoff, der zum Beispiel für Brennstoffzellen verwendet werden kann. Bei den bisherigen Reaktionen, in denen man für die Oxidation zum Beispiel Sauerstoff oder Wasserstoffperoxid verwendet, entstehen als unerwünschte Nebenprodukte schädliche Substanzen wie Kohlenmonoxid, CO2 oder Formaldehyde.
Mit Experimenten und Supercomputer die Reaktion verstehen
Bei der neuen Reaktion ist neben dem Methan und dem Wasser noch ein aktives Material beteiligt. An der Oberfläche dieses Materials werden die Moleküle des Methans in die Bestandteile Kohlenstoff und Wasserstoff aufgespalten, die sich dann mit dem Wasser zu Methanol und Wasserstoff verbinden können. Das aktive Material hat die Struktur eines Zeoliths, in den Kupferatome eingebaut sind, die eine entscheidende Rolle bei der Reaktion spielen. Dank einer Kombination unterschiedlicher Untersuchungsmethoden konnten wir den Mechanismus hinter der Reaktion aufklären
, erklärt Vitaly Sushkevich, Erstautor der Studie, der die Experimente entworfen hat. So haben wir den Reaktionsmechanismus mit Infrarot-Spektroskopie und die Veränderungen des Kupfers mit Röntgenlicht an der Synchrotron Lichtquelle Schweiz SLS des PSI untersucht. Um nachzuweisen, dass das Methan tatsächlich vom Sauerstoff aus dem Wasser oxidiert wurde, haben wir dort gezielt einen Teil des Sauerstoffs durch ein anderes Isotop ersetzt und konnten so dessen Weg verfolgen. Die Experimente wurden durch theoretische Berechnungen am Swiss National Supercomputing Centre in Manno im Tessin ergänzt.
Das Forschungsprojekt wurde aus den Mitteln der ESI-Plattform (Energy System Integration) des Paul Scherrer Instituts gefördert.
Text: Paul Scherrer Institut/Paul Piwnicki
Über das PSI
Das Paul Scherrer Institut PSI entwickelt, baut und betreibt grosse und komplexe Forschungsanlagen und stellt sie der nationalen und internationalen Forschungsgemeinde zur Verfügung. Eigene Forschungsschwerpunkte sind Materie und Material, Energie und Umwelt sowie Mensch und Gesundheit. Die Ausbildung von jungen Menschen ist ein zentrales Anliegen des PSI. Deshalb sind etwa ein Viertel unserer Mitarbeitenden Postdoktorierende, Doktorierende oder Lernende. Insgesamt beschäftigt das PSI 2000 Mitarbeitende, das damit das grösste Forschungsinstitut der Schweiz ist. Das Jahresbudget beträgt rund CHF 370 Mio. Das PSI ist Teil des ETH-Bereichs, dem auch die ETH Zürich und die ETH Lausanne angehören sowie die Forschungsinstitute Eawag, Empa und WSL.
(Stand 05/2016)
Kontakt/Ansprechpartner
Prof. Dr. Jeroen van Bokhoven, Leiter des Labors Katalyse und nachhaltige Chemie, Forschungsbereich Energie und UmweltPaul Scherrer Institut, 5232 Villigen PSI, Schweiz
Telefon: +41 56 310 50 46, E-Mail: jeroen.vanbokhoven@psi.ch
Professor für heterogene Katalyse, ETH Zürich, 8093 Zürich, Schweiz
Telefon: +41 44 632 55 42, E-Mail: jeroen.vanbokhoven@chem.ethz.ch
Originalveröffentlichung
Selective anaerobic oxidation of methane enables direct synthesis of methanolV.L. Sushkevich, D. Palagin, M. Ranocchiari, J.A. van Bokhoven
Science 5 May 2017
DOI: 10.1126/science.aam9035