Das Paul Scherrer Institut leitet zwei der Energie-Kompetenzzentren des Bundes

Die im Zuge des Aktionsplans Koordinierte Energieforschung Schweiz geschaffenen Kompetenzzentren starten im Jahr 2014.

Als Bestandteil der Energiestrategie 2050 haben Bund und Parlament eine verstärkte Förderung der Energieforschung in der Schweiz beschlossen. Dazu gehört die Einrichtung von sieben interuniversitär vernetzten Kompentenzzentren (Swiss Competence Centers in Energy Research SCCER). In den SCCER sollen sich Institutionen aus dem ETH-Bereich, den Universitäten und Fachhochschulen gemeinsam mit Industriepartnern zusammenschliessen, um neue Kompetenzen und Lösungen in für die Energiewende entscheidenden Aktionsfeldern zu erarbeiten. In zwei SCCER – zu den Themen Speicherung und Biomasse –, die bereits den Zuschlag erhalten haben, ist das Paul Scherrer Institut PSI die federführende Institution. Die beiden Kompetenzzentren werden ihre Arbeit im kommenden Jahr aufnehmen.

Oliver Kröcher, Leiter des Labors für Bioenergie und Katalyse am PSI. Bild: Paul Scherrer Institut.
Thomas Justus Schmidt, Leiter des Labors für Elektrochemie am PSI. Bild: Paul Scherrer Institut.
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Insgesamt 72 Millionen Schweizer Franken an Bundesmitteln sind im Rahmen des Aktionsplans „Koordinierte Energieforschung Schweiz“ für die Errichtung der Kompetenzzentren vorgesehen. Mit dem Einsatz dieser Fördergelder sowie mit der Bewertung der damit finanzierten Forschungstätigkeiten ist die Kommission für Technologie und Innovation KTI betraut worden. Die KTI hat dazu in Zusammenarbeit mit dem Schweizerischen Nationalfonds SNF ein Steuerungskomittee eingesetzt.

Den heimischen Schatz Biomasse heben

Unter dem Namen BIOSWEET (BIOmass for SWiss EnErgy fuTure) setzen sich Forschende aus den 12 teilnehmenden Forschungseinrichtungen ein ambitioniertes Ziel: Sie wollen dazu beitragen, dass die Biomasse, die hinter der Wasserkraft als zweitwichtigste heimische erneuerbare Energiequelle rangiert, langfristig 100 Petajoule pro Jahr zur Schweizer Energieversorgung beiträgt. Diese Energiemenge, die sich aus Strom und Wärmeenergie zusammensetzt, entspricht in etwa 2,7 Mal der Energiemenge, die vom Kernkraftwerk Leibstadt jährlich als Strom produziert wird.„Dazu muss man möglichst viele Arten von Biomasse berücksichtigen“, sagt Oliver Kröcher, Leiter des Labors für Bioenergie und Katalyse am PSI und Direktor des Kompetenzzentrums. Neben trockener, holzartiger Biomasse muss nämlich auch die in Form von Gülle, Abfällen oder Ernteresten vorkommende nasse Biomasse angezapft werden. Als Vision für die Zukunft soll im Kompetenzzentrum auch die Rolle von Algen als Energielieferanten untersucht werden. Aus Algen liessen sich nämlich ebenfalls hochwertige Kraftstoffe gewinnen, und dies sogar nachdem bereits Feinchemikalien, etwa für die Kosmetikindustrie, aus den Algen extrahiert wurden.

Aber nicht nur bei den Biomassesorten ist Vielfalt gefragt, auch deren Verarbeitung geschieht auf verschiedenen Wegen, die allesamt weiter erforscht werden müssen. Thermochemische Routen –wie sie beispielsweise bei der Herstellung von Methan aus Holz zum Zuge kommen –sollen im Kompetenzzentrum genauso ein Zuhause bekommen wie die fermentativen Verfahren, auf denen heute die meisten Biogasanlagen beruhen. Forschungsthemen wie die Herstellung von Methan und flüssigen Kraftstoffen aus trockener Biomasse (hauptsächlich Holz) und die energieeffiziente hydrothermale Vergasung von nasser Biomasse werden bereits jetzt in Forschungsprojekten des PSI bearbeitet und sollen durch das Kompetenzzentrum neue Impulse bekommen. Mit der Fermentation, also der Vergärung von Biomasse, beschäftigen sich heute in der Schweiz fast ausschliesslich die Fachhochschulen. Durch die gemeinsame Bearbeitung der thermochemischen und der fermentativen Prozesse im SCCER BIOSWEET wird das gegenseitige Verständnis gefördert und gemeinsame Entwicklungen angestossen.

Das Kompetenzzentrum BIOSWEET wird ebenfalls die Aufgabe haben, die Verfügbarkeit der Biomasse für die verschiedenen im SCCER erforschten Nutzungspfade in der Schweiz abzuschätzen. Auch eine technisch-ökonomische Bewertung der Bioenergieprozesse soll vorgenommen werden, so dass man den volkswirtschaftlich optimalen Einsatz von Bioenergie identifizieren kann. Bis zum Jahr 2016 erhält das SCCER BIOSWEET vom Bund 8 Millionen Franken an Fördergeldern. Kröcher sieht bereits jetzt erste Früchte des Schulterschlusses: „Die Schweizer Bioenergie-Forschungsszene hat während der Vorbereitung der Bewerbung um das SCCER zusammengefunden“, sagt er.

Ein Gesicht für das Kernthema Speicherung

Das Kompetenzzentrum zum Aktionsfeld Speicherung ist seinerseits mit 11 Millionen Schweizer Franken an Förderbudget ausgestattet. Dieser Betrag wird von den beteiligten Instituten und den Industriepartnern ergänzt, sodass das Gesamtbudget sich auf 38,7 Millionen Franken beläuft. Die Forschung in diesem Kompetenzzentrum ist in 5 Arbeitsbereichen (work packages) unterteilt. Das PSI, vertreten durch das Labor für Elektrochemie, befasst sich mit drei der fünf Arbeitsbereiche: Fortgeschrittene Batterien und Batteriematerialien, Wasserstoffherstellung und –speicherung, und Katalytische und Elektrokatalytische CO2-Reduktion – Letzteres mit dem Ziel, das CO2 im Abgas einer Industrieanlage nicht nur der Umwelt zu entziehen, sondern auch in wertvolle Energieträger wie Methan umzuwandeln. Die anderen Arbeitsbereiche setzen sich mit der Speicherung von Wärme und mit den Wechselwirkungen zwischen den verschiedenen Speichertechnologien auseinander.

Thomas Justus Schmidt, Leiter des Labors für Elektrochemie am PSI und Direktor des SCCER Speicherung sieht in der Bündelung der Kapazitäten in ein Kompetenzzentrum mehrere Vorteile: Einer davon liegt in den Synergien, die zwischen bisher isoliert arbeitenden Forschungsgruppen entstehen, nicht zuletzt dadurch, dass sie nun einen leichteren Zugang zur Infrastruktur der Partnerinstitute erhalten. Zudem zeigt sich Schmidt überzeugt, dass das Thema Speicherung mit dem Komptenzzentrum ein institutionelles Gesicht bekommt: „Es wird dadurch einfacher für Firmen, die richtigen Experten in der Forschungslandschaft zu finden und ihre Fragestellungen an diese Fachleute heranzutragen, um mögliche Forschungskooperationen anzustossen.“ Die erhöhte Sichtbarkeit soll nicht nur im Inland die Sensibilisierung für dieses wichtige Thema fördern; sie soll auch über die Landesgrenzen hinaus die wissenschaftliche Zusammenarbeit erleichtern.

Fahrplan von den Grundlagen zum Markt

Für beide Kompetenzzentren bestand eine der Hauptanforderungen bei der Bewerbung darin, einen Innovationsfahrplan auszuarbeiten, in dem gezeigt wird, wie man die verschiedenen Forschungsthemen von der Grundlagenforschung bis zu marktnahen Produkten, Technologien oder Dienstleistungen abdecken kann. Am Ende sollen also auch greifbare Resultate herauskommen. In diese Richtung zielt auch die zeitgleich mit den Kompetenzzentren einzurichtende und vom ETH-Rat mitfinanzierte Forschungs- und Technologietransfer-Plattform, in der beide Kompetenzzentren zusammenarbeiten werden.

Text: Leonid Leiva


Über das PSI

Das Paul Scherrer Institut entwickelt, baut und betreibt grosse und komplexe Forschungsanlagen und stellt sie der nationalen und internationalen Forschungsgemeinde zur Verfügung. Eigene Forschungsschwerpunkte sind Materie und Material, Mensch und Gesundheit, sowie Energie und Umwelt. Mit 1500 Mitarbeitenden und einem Jahresbudget von rund 300 Mio. CHF ist es das grösste Forschungsinstitut der Schweiz.

Kontakt / Ansprechpartner
Prof. Dr. Thomas Justus Schmidt, Leiter des Labors für Elektrochemie, Paul Scherrer Institut,
Telefon: +41 56 310 57 65, E-Mail: thomasjustus.schmidt@psi.ch

Prof. Dr. Oliver Kröcher, Leiter des Labors für Bioenergie und Katalyse, Paul Scherrer Institut,
Telefon: +41 56 310 20 66, E-Mail: oliver.kroecher@psi.ch