Die Ursprünge der ersten Fische mit Zähnen

Mit Hilfe von Röntgenlicht aus der Synchrotron Lichtquelle Schweiz des Paul Scherrer Instituts ist es Paläontologen der Universität Bristol zusammen mit Forschenden aus den USA, China und der Schweiz gelungen, ein 40 Jahre altes Rätsel um den Ursprung der ersten Wirbeltiere mit harten Körperteilen zu lösen. Dabei haben sie gezeigt, dass die Zähne altertümlicher Fische (der sogenannten Conodonten) unabhängig von den Zähnen und Kiefern heutiger Wirbeltiere wie Haie, Knochenfische und deren Vorfahren entstanden sind. Die Zähne dieser Wirbeltiere haben sich vielmehr aus einem Panzer entwickelt, der dem Schutz vor den Conodonten, den ersten Raubtieren, diente.

Vergleich des Wachstums von Zähnen zweier urzeitlicher Fische: Paraconodont Furnishina (links) und Euconodont Proconodontus (rechts). Die verschiedenen Farben zeigen Verschiedene Wachstumsstufen wurden mit unterschiedlichen Farben markiert, so dass die Gemeinsamkeiten beim Wachstum deutlich werden. Bei der Entwicklung von den Paraconodonten zu den Euconodonten hat sich eine Kappe oder Krone entwickelt, die im Aufbau dem Zahnschmelz ähnelt (transparent in rot dargestellt) (Abbildung Duncan J E Murdock)

Zähne und Knochen sind typisch für viele Wirbeltiere. Die evolutionären Ursprünge dieser Organe sind aber bis heute nur schlecht verstanden. Die frühesten Fossilien von Wirbeltieren mit harten Körperteilen stammen von Conodonten, einer ausgestorbenen Gruppe kieferloser Fische mit – bis auf winzige zahnartige Objekte im Maul – völlig weichen Körpern. Obwohl diese Zähne nur wenige Millimeter gross sind, handelt es sich bei ihnen um komplex aufgebaute Strukturen, deren einzelne Bestandteile auf vielschichtige Weise zusammenwirken.

Synchrotronlicht zeigt den Aufbau zahnartiger Strukturen bei Urfischen

Neben den eigentlichen Conodonten (auch Euconodonten genannt) gibt es eine weitere Gruppe von Fossilien, die Paraconodonten. Diese ähneln in Aufbau und Grösse stark den Euconodonten, sind aber wesentlich einfacher aufgebaut. Seit langem hat man vermutet, dass sie Vorfahren der Euconodonten sind, aber solange man nicht verstanden hatte, wie die Zähne der Conodonten gewachsen sind, liess sich diese Hypothese nicht bestätigen. Mit Hilfe der Computertomografie an der Synchrotron Lichtquelle Schweiz SLS war es nun möglich, in das Innere der Zähne zu sehen und sie virtuell Schicht für Schicht in ihre einzelnen Bestandteile zu zerlegen. So konnte das Wachstum der Zähne von Euconodonten und Paraconodonten und die Verwandtschaftsbeziehungen zwischen beiden untersucht werden.

Diese Untersuchungen, deren Ergebnisse diese Woche in der Fachzeitschrift Nature erschienen sind, bestätigen eindeutig die Annahme, dass die Paraconodonten Vorfahren der Euconodonten sind. Der Übergang zeigt sich in der Entwicklung einer Besonderheit der Zähne von Euconodonten – einer harten Kappe (oder Krone), die stark dem Zahnschmelz ähnelt, der die Zähne von Wirbeltieren bedeckt. Sobald man diese Krone im Computer virtuell herunternimmt, sind die Zähne der beiden Fischarten so gut wie nicht mehr zu unterscheiden.

Zähne mehrfach getrennt entstanden

Dieses Ergebnis liefert ein wesentliches Argument gegen die Hypothese, dass sich Zähne vor den Kiefern entwickelt haben und legt nahe, dass sich Euconodonten und moderne Wirbeltiere unabhängig voneinander aus den Paraconodonten entwickelt haben. Die Zähne der modernen Wirbeltiere stammen wohl nicht von den Zähnen der Paraconodonten ab. Vielmehr haben sie sich aus einem Knochenpanzer früher kieferloser Fische entwickelt, der diese womöglich vor Angriffen der Conodonten schützte. Conodonten sind vermutlich die ersten Raubtiere unter den Wirbeltieren.

Text: Universität Bristol / Paul Piwnicki


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Weiterführende Informationen
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Tomografie-Strahllinie an der Synchrotron Lichtquelle Schweiz SLS: http://www.psi.ch/sls/tomcat/
Originalveröffentlichung
The origin of conodonts and of vertebrate mineralized skeletons
Duncan J E Murdock, Xi-Ping Dong, John E Repetski, Federica Marone, Marco Stampanoni and Philip C J Donoghue
Nature, Online Vorabveröffentlichung 16. Oktober 2013;
DOI: 10.1038/nature12645