Germanium – zum Leuchten gezogen

Forscher des Paul Scherrer Instituts PSI und der ETH Zürich präsentieren mit Kollegen vom Politecnico di Milano in der aktuellen Ausgabe der wissenschaftlichen Fachzeitschrift "Nature Photonics" eine neue Methode, einen Laser zu entwickeln, der schon bald in den neuesten Computern eingesetzt werden könnte. Damit könnte die Geschwindigkeit, mit der einzelne Prozessorkerne im Chip miteinander kommunizieren, drastisch erhöht werden. So würde die Leistung der Rechner weiter steigen.

Leuchtende Germanium-Brücken.
Die Brücken werden aus Germaniumschichten hergestellt, die in einem Verfahren, wie es heutzutage in der Miroelektronik üblich ist, auf einem Silizium-Wafer aufgebracht werden.
PSI-Forscher Renato Minamisawa mit einem Siliziumwafer, aus dem elektronische Bauteile hergestellt werden können. (Foto: Scanderbeg Sauer Photography)
PSI-Forscher Hans Sigg, Richard Geiger und Renato Minamisawa im Reinraum des PSI. (Foto: Markus Fischer/PSI)
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Germanium ist, wie Silizium, zunächst ein Halbleiter, aus dem man keine Laser bauen kann. Zieht man Germanium jedoch auseinander, verändern sich seine Eigenschaften dramatisch, so dass es zum Leuchten gebracht werden kann. Dazu braucht es starke Kräfte, vergleichbar mit einer SBB-Lokomotive, die an einer Eisenstange zieht. Die Forscher des Paul Scherrer Instituts PSI und der ETH Zürich haben mit Kollegen vom Politecnico di Milano eine Methode entwickelt, die es ermöglicht solche Kräfte in kleinsten Brückenstrukturen zu erzeugen. Diese bestehen aus Mikrometer-dünnen Germanium-Schichten, die auf Silizium aufgebracht wurden. Das eröffnet eine neue Möglichkeit, eine Laserquelle direkt auf einem Silizium-Chip zu integrieren, und damit die Datenkommunikation zu revolutionieren. Über ihre Ergebnisse berichten die Forschenden im Fachblatt „Nature Photonics“ in seiner neuesten Ausgabe.

Mechanisch extrem verspannte Germanium-Brücken könnten Laserlichtquellen für Silizium-Chips werden

Silizium ist das Material, aus dem Computerprozessoren hergestellt werden. Da es in der Natur in grossen Mengen verfügbar ist, eignet es sich zur Massenfabrikation. In der Zukunft werden Computer hundert und mehr Prozessoren aufweisen, die schnell und effizient miteinander kommunizieren müssen. Dies wird jedoch mit den heute noch üblichen elektrischen Verbindungen kaum bewältigt werden können, da sie langsam sind und viel Strom verbrauchen. Daher wird geplant, solche Verbindungen optisch anstatt elektrisch auszuführen – mithilfe von gepulstem Laserlicht. Leider ist es aber sehr schwierig, einen Laser aus Silizium herzustellen. Eine Alternative zu Silizium ist das Material Germanium, welches sich gut mit Silizium verbinden lässt und daher kompatibel mit der bestehenden Siliziumchip-Herstellung ist – ein wichtiger Aspekt, wenn es um den Einzug einer neuen Technologie in die aktuelle Massenproduktion geht, da jede Veränderung der bestehenden Herstellungsprozesse mit Kosten in Millionenhöhe verbunden ist.

Die Forscher haben jetzt gezeigt, dass Germanium unter Zugverspannung zu leuchten beginnt. Es braucht jedoch ziemlich viel Verspannung, mehr als 30 Tonnen verteilt über eine Fläche von 1 cm mal 1 cm. „Dies entspricht der Zugkraft einer typischen Lok der SBB“ veranschaulicht Martin Süess, Doktorand an der ETH und Erstautor der Veröffentlichung. Um solche Kräfte erzeugen zu können, benützen die Forscher einen simplen Trick: Sie starten mit leicht verspannten Germanium-Schichten, hergestellt von den Forschern aus Como, und entfernen in einem Bereich das meiste Material, so dass am Ende nur ein schmaler Streifen übrig bleibt, auf den sich die gesamte Spannung konzentriert. So entsteht eine „freistehende Brücke“, die hoch verspannt ist. Genau diese Verspannung macht es möglich, effizient Licht im Germanium zu generieren und theoretisch sogar einen Laser zu entwickeln.

"Der Grundbaustein der Arbeit ist damit geleistet", sagt Hans Sigg vom PSI. "Bis die leuchtenden Brücken aber tatsächlich Laserlicht produzieren, braucht es noch weitere Entwicklungsarbeit." So konzentriert sich das Forschungsteam um Sigg nun auf die Entwicklung einer laserfähigen Resonator-Struktur, die auf dem jetzt vorhandenen Prinzip aufgebaut werden kann. Diese bereits laufende Arbeit ist Teil der Doktorarbeit von Richard Geiger. Weitere Unterstützung erhält Siggs Team von Forschern am Politecnico di Como, wo das gefragte Grundmaterial – eine dünne Germaniumschicht auf Siliziumscheiben – hergestellt wird.


About PSI

The Paul Scherrer Institute develops, builds and operates large, complex research facilities, and makes them available to the national and international research community. The Institute's own key research priorities are in the investigation of matter and material, energy and the environment; and human health. PSI is Switzerland's largest research institution, with 1500 members of staff and an annual budget of approximately 300 million CHF.

Contact
Dr. Hans Sigg, Labor für Mikro- und Nanotechnologie; Paul Scherrer Institut, 5232 Villigen PSI, Schweiz;
Telephone: +41 56 310 40 48, E-mail: hans.sigg@psi.ch
Original Publication
Analysis of enhanced light emission from highly strained germanium microbridges
M.J. Süess, R. Geiger, R.A. Minamisawa, G. L. Schiefler, J. Frigerio, D. Chrastina, G. Isella, R. Spolenak, J. Faist, & H. Sigg
Nature Photonics (2013)
DOI: 10.1038/nphoton.2013.67