Forschende des Paul Scherrer Instituts PSI in Villigen haben einen neuen Katalysator für die Reinigung von Abgasen aus Erdgasmotoren entwickelt. Im Unterschied zu bisherigen Katalysatoren ist er auch bei niedrigen Temperaturen sehr aktiv und bleibt es über lange Zeit. So lässt sich Erdgas sauberer und klimaschonender verbrennen. Erd- und Biogas werden dadurch noch attraktiver als Ersatz für Erdölprodukte – zum Beispiel als Treibstoff für Autos. Der Trick liegt im Trägermaterial des Katalysators, dessen Struktur an einen Schwamm erinnert. Über ihre Entwicklung berichten die Forschenden in der neusten Ausgabe des Fachjournals Nature Communications.
Erdgasmotoren sollen den Weg zu mehr Klimaschutz ebnen. Mit ihnen lässt sich aus Gas Strom gewinnen. Und sie gelten als Brückentechnologie im Verkehr, sollen Automotoren auf Erdölbasis, die etwa ein Drittel mehr Kohlendioxid ausstossen, ersetzen, bis Elektroautos und die dazugehörige Infrastruktur ausgereift sind. Besonders klimafreundlich ist ein Gasmotor, der statt mit fossilem Erdgas mit Biogas betrieben wird. Denn das wird in der Schweiz ausschliesslich aus organischen Abfällen produziert, ist also eine erneuerbare und dadurch weitgehend klimaneutrale Ressource.
Doch in der Praxis gibt es noch ein Problem: die Abgase. Die beste Option zur Verbrennung von Erdgas ist eigentlich der sogenannte Magermixmotor. Er mischt dem Gas in der Brennkammer viel Luft bei, denn das mindert die Menge an Treibstoff, die man zum Betrieb braucht. Magermixmotoren sind also besonders effizient. Sie kommen bislang vor allem in Gaskraftwerken zum Einsatz, auch in Schiffen und manchen grossen Lastwagen. Jedoch noch nicht in Autos. Denn sie haben den Nachteil, dass sie den Treibstoff nicht so gründlich verbrennen wie Erdgasmotoren mit weniger Luftbeimischung: Beim Verbrennen von Erd- oder Biogas bleiben recht grosse Mengen seines Hauptbestandteils Methan übrig. Zudem entsteht auch toxisches Formaldehyd.
, sagt Oliver Kröcher, Leiter des Labors für Bioenergie und Katalyse am Paul Scherrer Institut PSI.
Der PSI-Katalysator behandelt das Abgas gründlicher
Methan jedoch ist ein hochpotentes Treibhausgas, 25 Mal klimawirksamer als Kohlendioxid. Seinen Ausstoss sollte man also vermeiden – und den der anderen Schadstoffe ebenfalls. Dazu werden Katalysatoren eingebaut, die die Schadstoffe durch chemische Reaktionen in harmlosere Substanzen umwandeln, bevor diese in die Umwelt gelangen. Diese Katalysatoren basieren meist auf dem Edelmetall Palladium. Atomar fein verteilt auf einer rauen und dadurch grossen Oberfläche eines Trägermaterials kann das Palladium effektiv mit dem Abgas reagieren und die Schadstoffe abbauen. Als Trägermaterial diente bislang in der Regel Aluminiumoxid.
Doch ausgerechnet bei Magermixmotoren funktioniert diese Technik noch nicht optimal: Herkömmliche Katalysatoren sind im Magermixmotor bei Temperaturen unter 400 Grad noch zu wenig aktiv
, sagt Kröcher. Niedrige Abgas-Temperaturen sind aber von Vorteil, weil sie bedeuten, dass mehr Energie in die eigentliche Arbeit des Motors gesteckt werden konnte; der Wirkungsgrad ist also höher. Hinzu kommt, dass bisherige Katalysatoren schnell an Leistung einbüssen: Auf Aluminiumoxid sintert Palladium im heissen Abgas recht schnell. Das heisst, dass die winzigen Palladiumpartikel zu grösseren verschmelzen wie Schokoflocken in der Sonne. Dadurch verlieren sie an Oberfläche und entsprechend verliert der Katalysator schnell an Aktivität, im Labor bereits innerhalb weniger Stunden
, so Kröcher.
Genau diese Nachteile konnte seine Forschungsgruppe nun beheben: Sie hat einen Katalysator für Magermixmotoren entwickelt, der stabil läuft und das Abgas auch bei niedrigen Temperaturen effektiv behandelt.
Die Materialstruktur erinnert an einen Schwamm
Die Forschenden testeten Zeolithe als neue Trägermaterialien. Dabei handelt es sich um hochporöse Substanzen auf Basis von Siliziumdioxid. Unter dem Mikroskop sehen sie aus wie ein Schwamm: durchzogen von lauter winzigen Löchern, die über Kanäle miteinander verbunden sind. Eine solche Struktur bietet enorm viel Oberfläche. Wenn sich darin das Palladium fein verteilt, kann es noch aktiver mit den Abgasen reagieren, der Katalysator ist effektiver – auch bei niedrigeren Temperaturen.
Auf den Gedanken mit dem Zeolith sind andere ebenfalls gekommen
, berichtet Andrey Petrov, Doktorand am PSI und Erstautor der Studie. Allerdings nur um festzustellen, dass das Palladium trotzdem sintert und auf Dauer an Effektivität verliert: Es wandert durch die Kanäle an die Oberfläche des Zeoliths und verschmilzt dort. Petrov hatte jedoch die entscheidende Idee, dies zu verhindern: Er bearbeitete den Zeolith mit Säuren und Basen, so dass die Poren sich etwas vergrösserten, und gab dann dem Palladium Natrium hinzu. In diesen grösseren Poren kann sich das Palladium nun sammeln und sie ausfüllen. Wie wir feststellten, zeigt es in dieser immer noch nanometerkleinen Partikelgrösse die stärkste Aktivität.
Gleichzeitig verhindert das Natrium, dass die Partikel wandern. Der Katalysator sintert dadurch fast gar nicht mehr. In unseren Labortests blieb die erhöhte Aktivität über 90 Stunden erhalten
, bestätigt Oliver Kröcher. Und wir erreichten die gleichen Umsätze der Abgasreinigung bei Temperaturen, die mindestens 50 Grad unter denen herkömmlicher Katalysatoren lagen.
Eine Technologie mit Zukunft
Der Schadstoffausstoss von Magermixmotoren lässt sich mit dem neuen Katalysator also deutlich verringern. Mit weiterer Entwicklungsarbeit womöglich sogar so weit, dass diese Art Motor auch für den Einbau in normale Autos in Frage kommt. Die Motoren von Erdgasautos funktionieren zurzeit noch nach einem anderen Prinzip, eben weil bei Magermixmotoren bislang die Abgasnachbehandlung noch zu ineffektiv ist
, so Kröcher. Doch das könnte sich nun ändern.
Muss es womöglich demnächst auch. Denn in der Politik wird diskutiert, die Grenzwerte für Schadstoffe in Motorabgasen weiter zu verschärfen. Die am PSI entwickelte neue Methode könnte helfen, diese Grenzwerte einzuhalten. Ein Patent ist bereits beantragt. Erste Industrieunternehmen haben schon Interesse angemeldet.
Text: Jan Berndorff
Über das PSI
Das Paul Scherrer Institut PSI entwickelt, baut und betreibt grosse und komplexe Forschungsanlagen und stellt sie der nationalen und internationalen Forschungsgemeinde zur Verfügung. Eigene Forschungsschwerpunkte sind Materie und Material, Energie und Umwelt sowie Mensch und Gesundheit. Die Ausbildung von jungen Menschen ist ein zentrales Anliegen des PSI. Deshalb sind etwa ein Viertel unserer Mitarbeitenden Postdoktorierende, Doktorierende oder Lernende. Insgesamt beschäftigt das PSI 2100 Mitarbeitende, das damit das grösste Forschungsinstitut der Schweiz ist. Das Jahresbudget beträgt rund CHF 390 Mio. Das PSI ist Teil des ETH-Bereichs, dem auch die ETH Zürich und die ETH Lausanne angehören sowie die Forschungsinstitute Eawag, Empa und WSL.
(Stand 05/2018)
Weiterführende Informationen
Kontakt/Ansprechpartner
Prof. Dr. Oliver KröcherLeiter des Labors für Bioenergie und Katalyse
Paul Scherrer Institut, 5232 Villigen PSI, Schweiz
Telefon: +41 56 310 2066; E-Mail: oliver.kroecher@psi.ch
Prof. Dr. Jeroen van Bokhoven
Leiter des Labors Katalyse und nachhaltige Chemie
Paul Scherrer Institut, 5232 Villigen PSI, Schweiz
Telefon: +41 56 310 50 46, E-Mail: jeroen.vanbokhoven@psi.ch
Professor für heterogene Katalyse, ETH Zürich, 8093 Zürich
Telefon: +41 44 632 55 42, E-Mail: jeroen.vanbokhoven@chem.ethz.ch
Originalveröffentlichung
Stable complete methane oxidation over palladium based zeolite catalystsAndrey W. Petrov, Davide Ferri, Frank Krumeich, Maarten Nachtegaal, Jeroen A. van Bokhoven, Oliver Kröcher
Nature Communications, 29 June 2018 (online)
DOI: 10.1038/s41467-018-04748-x