Das Bundeszwischenlager

In der Medizin, Industrie und Forschung sowie zur Stromerzeugung fallen radioaktive Abfälle an. In der Schweiz gibt es dafür derzeit zwei zentrale Zwischenlager. Das Zwischenlager des Bundes für MIF-Abfälle (Medizin, Industrie, Forschung) befindet sich auf dem Gelände des PSI.

Seit der Entdeckung der Radioaktivität fallen in der Medizin, Industrie und Forschung sowie zur Stromerzeugung radioaktive Materialien an. Die Stoffe, die nicht innerhalb kurzer Zeit durch den radioaktiven Zerfall abgeklungen sind und somit keine gefährdende Strahlung mehr aussenden können, gilt es sicher zu entsorgen. In der Schweiz sollen deshalb die radioaktiven Abfälle tief unter der Erde in einem geologischen Tiefenlager gelagert werden. Zurzeit wird in der Schweiz ein geeigneter Standort für ein solches Tiefenlager gesucht. Bis dieses erstellt ist, werden die anfallenden radioaktiven Abfälle in dezentralen Zwischenlagern gesammelt. Diese befinden sich zum einen bei den einzelnen Kernkraftwerken. Zum anderen gibt es zwei zentrale Zwischenlager im Kanton Aargau. Diese beiden zentralen Zwischenlager liegen örtlich nahe beieinander, sie sind organisatorisch jedoch vollständig getrennt.

Es handelt sich einerseits um das Zwilag, betrieben von der Zwilag Zwischenlager Würenlingen AG, die eine Aktiengesellschaft der Schweizer Kernkraftwerk-Betreiber ist. Hier besteht eine zentrale Lagermöglichkeit für die schwach-, mittel- und hochradioaktiven Abfälle aus den Kernkraftwerken. Das Zwilag-Gelände grenzt direkt an das Gelände des Paul Scherrer Instituts PSI an.

Andererseits befindet sich auf dem PSI-Gelände selbst das zentrale Zwischenlager der Schweiz, das Bundeszwischenlager BZL. Das BZL gehört dem Bund und wird in seinem Auftrag vom PSI betrieben. Das BZL dient der Lagerung aller radioaktiven Abfälle, die in den Verantwortungsbereich des Bundes fallen. Das sind Abfälle aus Medizin, Industrie und Forschung – abgekürzt MIF-Abfälle. Hierbei handelt es sich einzig um schwach- und mittelradioaktive Abfälle.

Schwach- und mittelradioaktive Abfälle aus Medizin, Industrie und Forschung

Die MIF-Abfälle, die am PSI konditioniert und zwischengelagert werden, stammen im Falle der Medizin beispielsweise aus der Strahlentherapie (Beschleunigerabfälle) oder aus dem Einsatz radioaktiver Tracer, die z. B. Tumore im Körper sichtbar machen. Die Industrie setzt radioaktive Materialien zur Materialprüfung ein oder um Lebensmittel haltbar zu machen. In der Forschung schliesslich wird ebenfalls mit radioaktiven Stoffen gearbeitet oder es werden Materialien durch ionisierende Strahlung aktiviert. Unsere Aufgabe ist es, die Spuren zu minimieren, die die Menschheit mit der Nutzung der Radioaktivität unweigerlich hinterlässt, so Joachim Müth, Leiter der Sektion Rückbau und Entsorgung am PSI. Das ist eine langfristige Aufgabe und eine Generationenfrage. Dieser Verantwortung wollen wir gerecht werden.

Aktuell befinden sich im Bundeszwischenlager MIF-Abfälle mit einer Gesamtaktivität von ca. 10 Billiarden Becquerel ( 1016 Bq). Die Einheit Becquerel bezeichnet die Anzahl der radioaktiven Zerfälle pro Sekunde. Um sich unter der Anzahl auch nur annähernd etwas vorstellen zu können, verweisen Erklärtexte oft auf den Gehalt von Kalium im menschlichen Körper. Kalium ist essenziell für den Stoffwechsel des Menschen. Es enthält von Natur aus radioaktives Kalium-40 und man hat ausgerechnet, dass je nach Alter, Geschlecht und anderen Faktoren die Kalium-40-Aktivität des menschlichen Körpers etwa zwischen 40 und 60 Becquerel pro Kilogramm Körpergewicht liegt. Oder anders gesagt: Der Körper einer 75 kg schweren Person enthält zwischen 3000 und 4500 Becquerel Aktivität aus Kalium-40.

Bei den im BZL eingelagerten Aktivitäten nimmt der radioaktive Stoff Tritium den grössten Anteil ein. Diese Tritium-Abfälle stammen zum Beispiel aus der schweizerischen Uhrenindustrie (Leuchtzifferblätter), von früher verwendeten Exit-Schildern, von Notausgangsbeleuchtungen, von Visieren, wie sie bei Schusswaffen verwendet werden, oder aus Markierlösungen.

Wie gelangen die Abfälle ins Bundeszwischenlager?

Das Bundesamt für Gesundheit BAG führt in Absprache mit dem PSI jährlich eine Sammelaktion für radioaktive Abfälle aus den Bereichen Medizin, Industrie und Forschung durch. Im Rahmen dieser Sammelaktion können sowohl Betriebe als auch Einzelpersonen ihre radioaktiven Abfälle beim BAG anmelden (Infos finden sich hier: http://i.psi.ch/szfV). Sie erhalten dann Hinweise, wie sie ihre Abfälle zum Transport ans PSI richtig verpacken müssen. Die Entsorgung ist kostenpflichtig. Das PSI nimmt Kontakt mit den Betrieben auf, um die Abfälle, deren Dokumentation sowie deren Verpackung vor Ort zu überprüfen. Anschliessend versiegelt das PSI die Gebinde und kontrolliert deren Transportfähigkeit. Schliesslich holt ein spezialisiertes Transportunternehmen die Abfälle im Auftrag des Betriebs ab und befördert sie ans PSI.

Konditionierung von Abfällen am PSI

Die vom Transportunternehmen angelieferten Abfälle werden am PSI zunächst gelagert, dann für die weitere Behandlung sortiert und, wenn es machbar ist, gereinigt. Dies geschieht mit dem Ziel, nicht belastete Bestandteile von belasteten zu trennen, damit ein tunlichst geringes Volumen an radioaktivem Abfall übrig bleibt. Um das Volumen weiterhin zu minimieren, werden die Abfälle nach Möglichkeit zusammengepresst. Dazu werden die jeweils zu füllenden 200-Liter-Fässer unter einer Presse positioniert. Zunächst wird der Abfall von geschulten Mitarbeitenden in Schutzanzügen – sogenannten Operateuren – von Hand in das Fass eingefüllt und anschliessend mit der Presse verdichtet.

Während die Operateure die MIF-Abfälle in einer Operationsbox auf diese Weise konditionieren, passen zwei bis drei weitere Mitarbeitende ausserhalb der Box auf, dass die Arbeiten exakt und sicher erledigt werden. Dazu protokollieren und dokumentieren sie den gesamten Materialfluss. Wir kennen unsere Materialien und Aktivitäten sehr genau, fast dokumentieren wir schon im Grammbereich, so Müth. Durch die Konditionierung werden die MIF-Abfälle in eine lagerbare und sichere Form gebracht und dann ins BZL überführt. Die fortlaufende und mehrfach redundante Dokumentation sorgt dafür, dass das Inventar des BZL genau bekannt ist.

Bei brennbaren Abfällen werden die Fässer zur weiteren Reduktion des Volumens im Plasmaofen der Zwilag verbrannt. Anschliessend werden sowohl die verbrannten als auch die nicht verbrannten sowie nicht pressbare Abfälle, wie z. B. Stahlteile oder Betonstücke, jeweils verfestigt. Diese Verfestigung erfolgt, indem ein Zement-Kalk-basierter Mörtel über und um die Abfälle herum gegossen wird. So sind die radioaktiven Stoffe endgültig fest in Beton eingeschlossen und die Strahlung wird abgeschirmt. In diesem Zustand werden die Abfälle im Bundeszwischenlager eingelagert.

Kontakt/Ansprechpartner
Dagmar Baroke
Verantwortliche für Kommunikation
Paul Scherrer Institut, 5232 Villigen PSI, Schweiz
Telefon: +41 56 310 29 16
E-Mail: dagmar.baroke@psi.ch