Kleinstmöglicher Lichtblitz erzeugt

Ein Lichtblitz kann nicht beliebig kurz sein – weder in der Zeit noch im Raum. Nun ist es Forschenden des Paul Scherrer Instituts PSI als ersten gelungen, die physikalischen Grenzen tatsächlich zu erreichen und den kleinsten möglichen Blitz zu erzeugen. Dafür haben sie Terahertzlicht verwendet, das physikalisch mit sichtbarem Licht oder Radiowellen verwandt ist, sich aber in der Wellenlänge unterscheidet. In dem Experiment wurde ein spezieller Kristall mit Laserlicht beleuchtet, und dadurch angeregt, das Terahertzlicht abzustrahlen, das anschliessend von einem Spiegelsystem so fokussiert wird, dass der hochkonzentrierte Blitz entstand. Die Herausforderung dabei war, das Terahertzlicht in einer Qualität zu erzeugen, in der es so stark fokussiert werden kann. Hochintensives Terahertzlicht gewinnt zunehmend an Bedeutung als Werkzeug für die Forschung, weil man damit gezielt das Verhalten von Materialien verändern und so die Eigenschaften dieser Materialien studieren kann.

Die PSI-Forscher Mostafa Shalaby und Christoph Hauri im Laserlabor am PSI, an dem sie den kleinstmöglichen Blitz aus Terahertzlicht erzeugt haben. (Foto: Scanderbeg Sauer Photography)

Ein Lichtblitz kann nicht beliebig kurz sein, denn er muss mindestens einen Wellenberg enthalten. Ein Forscherteam um Christoph Hauri, der am PSI und der ETH Lausanne EPFL tätig ist, hat nun ein Verfahren entwickelt, das es erlaubt, diese fundamentale physikalische Grenze tatsächlich zu erreichen und Lichtblitze zu erzeugen, die das kleinste mögliche Volumen einnehmen und die kürzeste mögliche Zeit dauern. Dafür haben sie einen Blitz aus Terahertzlicht verwendet und diesen in allen Raumrichtungen und in der Zeit so stark fokussiert wie es die Physik gerade noch erlaubt.

Terahertzlicht ist prinzipiell mit Röntgenstrahlung, sichtbarem Licht, Mikrowellen und Radiowellen verwandt – alle sind verschiedene Formen von elektromagnetischer Strahlung, die sich durch ihre Wellenlänge, also den Abstand zwischen zwei aufeinanderfolgenden Wellenbergen unterscheiden. Terahertzlicht hat dabei eine Wellenlänge von rund 0,1–1 mm, die rund 100–1000 Mal grösser ist als die von sichtbarem Licht. Wie lang der kürzeste mögliche Blitz ist, hängt damit auch von der Art des verwendeten Lichts ab.

Terahertzlicht liefert Einblicke

Von Untersuchungen mit intensivem Terahertzlicht erhoffen sich Forschende viele neue Einblicke in das Verhalten von neuartigen Materialien – so lässt sich mit Terahertzlicht das Verhalten von Elektronen im Inneren von Materialien so steuern, dass sich die Eigenschaften des Materials für einen kurzen Augenblick deutlich verändern. Zum Beispiel wandeln sich gewisse Materialien von einem Isolator in ein Metall um, wenn sie mit entsprechendem Terahertzlicht beleuchtet werden. Damit lassen sich dann Spiegel realisieren, die nur für einen Wimpernschlag existieren und nur in dieser kurzen Zeit Licht reflektieren. Forschende wollen in Zukunft intensives Terahertzlicht ebenfalls nutzen, um neue Sensoren oder neuartige, extrem schnelle optische Geräte zu entwickeln. Solche optischen Geräte wären die oben genannten Spiegel, die sich schnell zwischen reflektierend und durchsichtig umschalten lassen, oder optische Modulatoren, mit denen schnell die Eigenschaften von Licht verändert werden können.

Die Möglichkeit, Terahertzlicht stark zu konzentrieren, ist für diese Anwendungen wichtig. Denn hier kommt es oft darauf an, dass das elektrische und magnetische Feld einer Terahertzlichtwelle sehr stark sind, denn nur so kann das Licht zum Beispiel Elektronen in dem beleuchteten Material schnell und kontrolliert aus ihrem üblichen Zustand bewegen. Bis vor wenigen Jahren gab es kaum Möglichkeiten, intensives Terahertzlicht zu erzeugen und es fehlten Werkzeuge, mit denen sich das Licht stark fokussieren liesse. Mit dem neuen Verfahren der PSI-Forschenden lässt sich dies nun effizient erreichen.

Als Ausgangsbasis haben die Forschenden ein herkömmliches Lasersystem genutzt, dessen Licht mit Hilfe eines speziellen Kristalls in das gesuchte Terahertzlicht umgewandelt wird. Um den einmalig konzentrierten Terahertzblitz zu erzeugen, haben die Forschenden das Licht mit einer speziellen Spiegelanordnung auf einen kleinen Punkt konzentriert. Damit aber ein Strahl so genau konzentriert werden kann, muss er von vorneherein eine hohe Qualität haben – die Forschenden sprechen davon, dass er eine ebene Wellenfront haben muss. Das kennt man auch von einem Brennglas – Licht, das von der Sonne kommt, lässt sich gut auf einen Punkt konzentrieren, weil die Sonnenstrahlen parallel zueinander sind. In einem Raum mit vielen Lampen wird man es hingegen nicht schaffen, alles Licht auf einen einzelnen Punkt zu konzentrieren.

In mehreren Schritten zum perfekten Lichtblitz

Vor einem ähnlichen Problem standen die PSI-Forschenden: die Terahertzstrahlen entstehen an verschiedenen Stellen im Kristall und breiten sich dadurch in leicht unterschiedlichen Richtungen aus. Heute gibt es kein direktes Verfahren, das die unterschiedlichen Ausbreitungsrichtungen anschliessend korrigieren könnte. Gezielt verändern kann man aber den ankommenden Laserstrahl, der den Kristall anregt. Da die Eigenschaften des Terahertzstrahls aber nicht nur von denen des Laserstrahls, sondern auch von denen des Kristalls abhängen, kann man die Eigenschaften des Terahertzstrahls nicht einfach festlegen, indem man bestimmte Eigenschaften des Laserstrahls vorgibt.

Dennoch war die Anpassung des Ausgangsstrahls der richtige Weg. Die Forschenden haben die Eigenschaften des Laserstrahls und die Ausrichtung des Kristalls in mehreren Schritten so verändert, dass der Terahertzstrahl von Schritt zu Schritt immer besser wurde. Somit haben sie ein zuverlässiges Verfahren entwickelt, das das Terahertzlicht für unterschiedliche Kristalle im kleinsten Raum-Zeit-Volumen, das die physikalischen Gesetze zulassen, konzentrieren kann.

Text: Paul Scherrer Institut/Paul Piwnicki


Weiterführende Informationen
Laser Group, SwissFEL-Project (in englischer Sprache)
Kontakt
Prof. Dr. Christoph Hauri, Leiter Laser-Gruppe, SwissFEL-Projekt, Paul Scherrer Institut und Ecole Polytechnique Fédérale de Lausanne EPFL
Telefon: +41 56 310 4197, E-Mail: christoph.hauri@psi.ch


Dr. Mostafa Shalaby, Laser-Gruppe, SwissFEL-Projekt, Paul Scherrer Institut
Telefon: +41 56 310 3623, E-Mail: mostafa.shalaby@psi.ch
Originalveröffentlichung
Demonstration of a low-frequency three-dimensional terahertz bullet with extreme brightness
Mostafa Shalaby und Christoph P. Hauri,
Nature Communications 6, 5976 (2015);
DOI: 10.1038/ncomms6976 Published: 16 January 2015