Kohlendioxid effektiv aus der Atmosphäre entfernen

Forschende des Paul Scherrer Instituts PSI und der ETH Zürich haben untersucht, inwieweit die direkte Abscheidung von Kohlendioxid aus der Umgebungsluft helfen kann, Treibhausgase wirkungsvoll aus der Atmosphäre zu entfernen. Das Ergebnis: Bei sorgfältiger Planung zum Beispiel hinsichtlich des Standortes und der Bereitstellung der notwendigen Energie lässt sich Kohlendioxid damit klimaeffektiv entfernen. Ihre Analyse veröffentlichten die Forschenden nun im Fachmagazin Environmental Science & Technology.

Christian Bauer, Wissenschaftler im Labor für Energiesystem-Analyse am PSI
(Foto: Paul Scherrer Institut/Mahir Dzambegovic)
Tom Terlouw ist Doktorand am Labor für Energiesystem-Analysen und dem Institut für Energie- und Verfahrenstechnik der ETH Zürich. Der Erstautor der Studie untersucht die Effektivität von Anlagen zur Abscheidung aus der Atmosphäre.
(Foto: Model Fotoshoot)
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Die direkte Kohlenstoffabscheidung aus der Luft und anschliessende Speicherung, Englisch «Direct air carbon capture and storage (DACCS), ist eine vergleichsweise neue Technologie zur Entfernung von Kohlendioxid (CO2) aus der Atmosphäre. Da damit grosse Mengen an CO2 quasi einzufangen wären, liesse sich damit auch der Treibhauseffekt verringern. Wie effektiv das mit verschiedenen Systemkonfigurationen eines bestimmten Verfahrens umzusetzen wäre, haben nun Forschende des Paul Scherrer Instituts PSI und der ETH Zürich in einer Studie untersucht. Dazu analysierten sie insgesamt fünf verschiedene Konfigurationen zur CO2-Abscheidung aus der Luft und deren Einsatz an acht verschiedenen Standorten weltweit. Ein Ergebnis: Je nach Kombination von eingesetzter Technologie und spezifischem Standort lässt sich CO2 mit einer Effektivität von bis zu 97 Prozent aus der Luft entfernen.

Für eine CO2-Abscheidung aus der Atmosphäre wird zunächst Luft mithilfe von Ventilatoren über ein sogenanntes Absorptionsmittel geleitet. Dieses bindet CO2 so lange, bis seine Kapazität zur Aufnahme des Klimagases erschöpft ist. Dann wird im zweiten, sogenannten Desorptions-Schritt, das CO2 wieder von dem Absorpitonsmittel gelöst. Je nach Absorptionsmittel geschieht das bei vergleichsweise hohen Temperaturen von bis zu 900 Grad Celsius oder bei eher niedrigen Temperaturen von etwa 100 Grad Celsius. Neben dem Energiebedarf für Produktion und Aufbau einer entsprechenden Anlage erzeugen vor allem der Betrieb der Ventilatoren als auch die Erzeugung der benötigten Wärme entsprechende Treibhausgasemissionen. «Nur wenn diese deutlich niedriger sind als die mit ihrer Hilfe gespeicherten Mengen an CO2, ist der Einsatz dieser Technologie überhaupt sinnvoll», sagt Tom Terlouw, der am Labor für Energiesystem-Analysen des PSI forscht und Erstautor der Studie ist.

Effizienz bis zu 97 Prozent

In ihrer Studie nahmen die Forschenden DACCS-Anlagen der Schweizer Firma Climeworks unter die Lupe, die mit dem Niedrigtemperaturverfahren arbeiten. Die PSI-Forschenden analysierten den Einsatz der Technologie an acht Standorten weltweit: Chile, Griechenland, Jordanien, Mexiko, Spanien, Island, Norwegen und Schweiz. Für jeden Standort kalkulierten sie die CO2-Bilanz über den gesamten Lebenszyklus einer Anlage. Beispielsweise verglichen sie die Effizienz des Verfahrens, wenn der benötigte Strom von Solaranlagen bereitgestellt wird oder aus dem bereits existierenden Stromnetz stammt. Als Quellen für die notwendige Wärmeenergie nahmen sie beispielsweise solarthermische Anlagen, Abwärme aus Industrieprozessen oder Wärmepumpen an. Für die Studie erstellten sie für die acht Standorte jeweils fünf verschiedene Konfigurationen zur CO2-Abscheidung aus der Atmosphäre. Die Ergebnisse hinsichtlich der Effizienz zeigen eine enorme Bandbreite und reichen von 9 bis 97 Prozent, bezogen auf die tatsächliche Treibhausgas-Entfernung durch den Einsatz von DACCS.

Kein Ersatz für Reduktion der Emissionen

«Die Technologien zur CO2-Abscheidung sind allerdings lediglich eine Ergänzung zu einer allgemeinen Dekarbonisierungsstrategie, also zur Reduktion der CO2-Emissionen, und können Letztere nicht ersetzen», betont Christian Bauer, ebenfalls vom Labor für Energiesystem-Analysen und ein Mitautor der Studie. «Um allerdings die im Pariser Klimaabkommen gesteckten Ziele zu erreichen, können sie hilfreich sein. Denn bestimmte Emissionen, zum Beispiel aus der Landwirtschaft, lassen sich nicht vermeiden.» Ein Netto-Null-Emissions-Ziel sei also nur mithilfe entsprechender Negativ-Emissions-Technologien zu erreichen.    

Text: Paul Scherrer Institut/Sebastian Jutzi

Kontakt/Ansprechpartner

Tom Terlouw
Labor für Energiesystem-Analysen
Paul Scherrer Institut, Forschungsstrasse 111, 5232 Villigen PSI, Schweiz
Telefon: +41 56 310 58 37, E-Mail:
tom.terlouw@psi.ch [Englisch]

Christian Bauer
Labor für Energiesystem-Analysen
Paul Scherrer Institut, Forschungsstrasse 111, 5232 Villigen PSI, Schweiz
Telefon: +41 56 310 23 91, E-Mail:
christian.bauer@psi.ch [Deutsch, Englisch]

Originalveröffentlichung

Life Cycle Assessment of Direct Air Carbon Capture and Storage with Low-Carbon Energy Sources
Terlouw, Tom, Treyer, K., Bauer, C., Mazzotti, M.
Environmental Science & Technology, 05. August 2021
DOI: 10.1021/acs.est.1c03263

Open Access: https://pubs.acs.org/doi/10.1021/acs.est.1c03263

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