Leistungsfähige Lithium-Luft-Batterien alltagstauglich machen

Dank der einzigartigen Kombination verschiedener Grossforschungsanlagen am Paul Scherrer Institut PSI konnten Forschende eine Möglichkeit zur Optimierung von sogenannten Lithium-Luft-Batterien aufdecken. Sie zeigten, dass die Zugabe eines Katalysators die chemischen Zersetzungsprozesse in den Batterien reduziert und so deren Lebensdauer entscheidend verlängert. 

Dario Ferreira Sanchez vor der microXAS-Strahllinie in der Synchrotron Lichtquelle Schweiz SLS. Hier konnten die Forschenden mittels Röntgendiffraktion die chemischen Prozesse in der Lithium-Luft-Batterie offenbaren. © Paul Scherrer Institut/Markus Fischer
Chayene Gonçalves Anchieta entwickelte den Katalysator, um die Lebensdauer von Lithium-Luft-Batterien zu verlängern. © Paul Scherrer Institut/Chayene G. Anchieta
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Lithium-Ionen-Batterien gelten als eine wichtige Komponente einer klimaneutralen Zukunft. Sogenannte Lithium-Luft-Batterien dagegen sind wenig bekannt – was hauptsächlich daran liegt, dass sie eine sehr beschränkte Lebensdauer aufweisen. In einem Punkt jedoch sind diese Batterietypen unschlagbar: in ihrer Energiedichte. Bei gleichem Gewicht soll es theoretisch möglich sein, zehnmal so viel Energie mit ihnen zu speichern wie in herkömmlichen Lithium-Ionen-Akkus – pro Kilogramm also fast so viel wie in fossilen Kraftstoffen. Für die E-Mobilität wäre das ein Traum. Allerdings verlieren derartige Akkus bereits nach wenigen Ladezyklen massiv an Kapazität.

Um dieses Problem zu überwinden, haben Forschende am PSI einen innovativen Ansatz getestet. Sie fügten der Batterie eine Mischung aus Nickeloxid und Zirconiumdioxid zu. Die beiden Materialien wirken in der Batterie als Katalysator und verhindern so die Ablagerung von chemischen Produkten, die während des Gebrauchs entstehen und die Batterie schädigen. Mithilfe von Neutronenstrahlen und Synchrotronlicht konnten die Forschenden die chemischen Abläufe in der Batterie beim Laden und Entladen sichtbar machen und so zeigen, wie der Katalysator funktioniert. Ihre Resultate veröffentlichten sie in der aktuellen Ausgabe des Wissenschaftsmagazins Small Methods.

Stromfluss dank Luftzufuhr

Leicht wie Luft, so sollen sie sein. Denn anders als bei herkömmlichen Lithium-Ionen-Batterien benötigen Lithium-Luft-Batterien kein massiges Grafit als Elektrodenmaterial, sondern, wie der Name schon sagt, lediglich Luft – genauer gesagt den darin enthaltenen Sauerstoff. Ein leichte, poröse Nanostruktur sorgt dafür, dass der Sauerstoff aus der einströmenden Umgebungsluft für eine chemische Reaktion verfügbar gemacht wird – Forschende sprechen von einer sogenannten Reduktion. 

Wandern nun Lithium-Ionen vom Minus- zum Pluspol der Batterie, reagieren sie dort mit dem Sauerstoff zu Lithiumoxid – es fliesst Strom. Beim Laden wird der Prozess wieder umgekehrt: Das Lithium trennt sich vom Sauerstoff und fliesst zum Minuspol zurück.

Bekannter Katalysator neu interpretiert

Der Verzicht auf Grafit und andere Metalle machen Lithium-Luft-Batterien trotz hoher Kapazität besonders leicht und kompakt. Allerdings offenbart sich hier zugleich ihre Schwäche, denn die verwendete Nanostruktur, welche für die Sauerstoffreduktion benötigt wird, ist sehr anfällig für Nebenprodukte. 

Nebst Sauerstoff reagieren nämlich auch andere Bestandteile der Umgebungsluft mit dem Lithium und so kann beispielsweise die Entstehung von Lithiumhydroxid die Gesamtkapazität der Batterie erheblich beeinträchtigen und ihre Lebensdauer verkürzen. «Die winzigen Löcher in der Nanostruktur werden durch diese Nebenprodukte regelrecht verstopft», erklärt Dario Ferreira Sanchez, Wissenschaftler am PSI. «Dadurch kann keine Luft mehr zirkulieren und die Batterie geht kaputt.»

Um dieses Problem zu lösen, fügten die Forschenden der Batteriezelle einen speziellen Katalysator hinzu. «Aus der Literatur ist bekannt, dass Nickeloxid und Zirconiumdioxid die Anreicherung von Sauerstoff begünstigen – also eigentlich genau das, was wir in Lithium-Luft-Batterien wollen», erklärt Chayene Gonçalves Anchieta, Erstautorin der Studie. «Zu unserem Erstaunen fanden wir jedoch keine einzige Studie zu diesem Thema. Also probierten wir es aus.» Und das mit Erfolg. Das Team konnte zeigen, dass durch das Beifügen des Katalysators die Zersetzung von Lithiumhydroxid während dem Entladeprozess erleichtert wird. 

Einzigartiger Einblick dank komplementärer Methoden

In einem nächsten Schritt galt es, die chemischen Reaktionen genauer unter die Lupe zu nehmen. «Es ist besonders anspruchsvoll, Batterien zu durchleuchten, da sie aus vielen Elementen in den unterschiedlichsten Anordnungen bestehen», erklärt Dario Ferreira Sanchez. «Während sich schwere Elemente mit kristallinen Strukturen besonders gut mit Röntgendiffraktion abbilden lassen, bleibt leichtes, amorphes Lithium damit praktisch unsichtbar.» Um ein Gesamtbild zu bekommen, mussten die Forschenden verschiedene Methoden miteinander kombinieren. «Hier am PSI ist das absolut einzigartig», schwärmt Sanchez. «In diesem Labor misst du den einen Aspekt, hundert Meter weiter den anderen und am Schluss kombinierst du alles zu einem grossen Ganzen.»

Mit der Röntgendiffraktion an der Synchrotron Lichtquelle Schweiz SLS fanden sie ein passendes Werkzeug, um die chemischen Abläufe in der Batterie abzubilden und das, während sie in Betrieb ist. Jede Atomsorte kann sich in einer ihr eigenen, regelmässigen, räumlichen Anordnung formieren, in einer sogenannten Kristallstruktur. Trifft Röntgenlicht darauf, interagiert es je nach Anordnung der Atome unterschiedlich – ein Fingerabdruck für das vorhandene Element. Durch die zeitliche Abbildung während des Batteriebetriebs lässt sich das jeweilige Element exakt orten und verfolgen, wo es sich beispielsweise anreichert oder wieder verschwindet.

Um auch nicht-kristalline oder amorphe Strukturen sichtbar zu machen, kombinierten die Forschenden ihren Werkzeugkasten mit Röntgentomografie. Dieses Bildgebungsverfahren funktioniert ähnlich wie die Computertomografie im Spital und liefert einen dreidimensionalen Einblick in die Batterie mit allen darin vorkommenden Komponenten. Jetzt fehlte nur noch das Lithium.

«Neutronen sind besonders sensitiv gegenüber Lithium», erklärt Sanchez. «Also gingen wir mit unserer Probe an die Schweizer Spallations-Neutronenquelle SINQ.» Hier wurde das Objekt von verschiedenen Winkeln mit einem Neutronenstrahl durchleuchtet und mittels Tomografieverfahren zu einem dreidimensionalen Bild zusammengesetzt. «Durch unsere Diffraktionsaufnahmen konnten wir bereits vermuten, wo das Lithium sein sollte. Doch alles, was wir sahen, war ein leerer Fleck», erinnert sich Sanchez. «Erst in Kombination mit den Neutronenbildern bemerkten wir: Wow, da befindet sich ja doch einiges an dieser leeren Stelle.»

Der Einsatz von Nickeloxid-Zirconiumdioxid-Katalysatoren in Lithium-Luft-Batterien ist ein bedeutender Schritt zur Erschliessung des vollen Potenzials dieser Technologie. Für eine industrielle Umsetzung ist es allerdings noch zu früh – dafür müssen noch einige ingenieurtechnische Hürden gemeistert werden. 


Text: Paul Scherrer Institut/Benjamin A. Senn

© Das PSI stellt Bild- und/oder Videomaterial für eine Berichterstattung über den Inhalt des obigen Textes in den Medien kostenfrei zur Verfügung. Eine Verwendung dieses Materials für andere Zwecke ist nicht gestattet. Dazu gehören auch die Übernahme des Bild- und Videomaterials in Datenbanken sowie ein Verkauf durch Dritte.

Kontakt

Dr. Dario Ferreira Sanchez
Labor für Synchrotronstrahlung und Femtochemie
Paul Scherrer Institut, Forschungsstrasse 111, 5232 Villigen PSI, Schweiz
+41 56 310 52 41
dario.ferreira@psi.ch [Englisch, Französisch]


Originalveröffentlichung

LiOH Decomposition by NiO/ZrO2 in Li-Air Battery: Chemical Imaging with Operando Synchrotron Diffraction and Correlative Neutron/X-Ray Computed-Tomography Analysis
Chayene Gonçalves Anchieta, Bruno A.B. Francisco, Julia P. O. Júlio, Pavel Trtik, Anne Bonnin, Gustavo Doubek, Dario Ferreira Sanchez
Small Methods, 06.01.2024
DOI: 10.1002/smtd.202301749


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