Auf dem Campus des Paul Scherrer Instituts PSI entsteht eine Pilotanlage zur Herstellung von nachhaltigem Flugtreibstoff. Projektpartner ist das Zürcher Klima-Start-up Metafuels. Die Inbetriebnahme ist für Anfang 2025 geplant. Es handelt sich um die erste Anlage dieser Art in der Schweiz.
In der Forschungshalle auf dem PSI-Ost-Campus in Villigen riecht’s streng nach Diesel. Auf drei Stockwerke verteilt ragt ein riesiger Schiffsmotor durch das Gebäude. Die massive Apparatur wurde ursprünglich zur Erforschung von Katalysatoren zur Reduktion von Schadstoffen in Verbrennungsprozessen verwendet. In Bezug auf die zunehmende Dekarbonisierung im Mobilitätssektor wird dieses Forschungsprojekt nun eingestellt und macht Platz für eine neue Herausforderung: die nachhaltige Luftfahrt.
«Hier soll unsere Pilotanlage zur Herstellung von nachhaltigem Flugtreibstoff entstehen», erklärt Marco Ranocchiari, Leiter der Versuchsplattform Energy System Integration (ESI) am PSI. aerobrew nennt sich das vom PSI und vom Zürcher Klima-Start-up Metafuels entwickelte Verfahren, womit sich hocheffizient eSAF produzieren lässt – eine englische Abkürzung für electro sustainable aviation fuel – nachhaltiger Flugtreibstoff hergestellt aus erneuerbaren Energien.
Die Industriezusammenarbeit wird im Rahmen des vom Bundesamt für Energie initiierten Pilot- und Demonstrationsprogramms (P+D-Programm) zur Entwicklung und Erprobung von neuen Technologien im Bereich erneuerbarer Energien unterstützt. Der Förderbeitrag von 4,4 Millionen Schweizer Franken ermöglicht die Realisierung einer Pilotanlage auf dem PSI-Areal zur Demonstration der aerobrew-Technologie.
«Eine solche Zusammenarbeit ist für unser Institut enorm fruchtbar», so Ranocchiari. «Unsere Stärke im Bau und Betrieb von Grossanlagen und die fundierten Branchenkenntnisse von Metafuels im Energiesektor sind ideale Voraussetzungen, um unsere Technologie weiterzuentwickeln und die Dekarbonisierung der Luftfahrtindustrie voranzutreiben.»
Die kurz- und langfristige Lösung für die Luftfahrt
eSAF erfordern weder die Umrüstung oder den Neukauf von Flugzeugen noch eine Neukonzeption der zugrunde liegenden Betankungsinfrastruktur und können direkt in konventionellen Triebwerken genutzt werden. Die im Einsatz stehende Flugzeugflotte muss somit nicht ersetzt werden und der nachhaltige Treibstoff lässt sich durch vermehrte Beimischung ins fossile Kerosin stufenlos einführen und schlussendlich dieses ganz ersetzen.
Die Rechtfertigung für eine solche Technologie liegt auf der Hand: Der Luftverkehrssektor ist für mehr als 2 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich – das entspricht etwa 800 Millionen Tonnen. Hinzu kommen weitere Treibhausgasbelastungen sowie komplexe Klimafaktoren, die sich durch die Flughöhe und der Art der Emissionen ergeben, sodass der tatsächliche Wert annähernd bei 3,5 Prozent liegt.
«Internationale Geschäftsreisen – angetrieben durch den Luftverkehr – sowie der Export von wichtigen Schweizer Gütern machen einen bedeutenden Teil der hiesigen Wertschöpfung aus und bergen eine zentrale Herausforderung für die Dekarbonisierung der Schweizer Wirtschaft», erklärt Saurabh Kapoor, Mitbegründer und CEO von Metafuels. «Die Dekarbonisierung unserer Luftfahrtindustrie wird daher auch eine Rolle bei der Dekarbonisierung der Weltwirtschaft spielen.»
Skalierbarkeit und Effizienz
Die aerobrew-Technologie ermöglicht den nahtlosen Übergang von fossilem Kerosin zu nachhaltigem Flugtreibstoff durch ein patentiertes Verfahren zur Umwandlung von grünem Methanol in eSAF. Grünes Methanol ist eine Substanz, die aus grünem Wasserstoff (H₂) und nachhaltig gewonnenem Kohlendioxid (CO₂) hergestellt wird. Grünes H₂ kann durch Wasserelektrolyse mit erneuerbarem Strom erzeugt werden, während CO₂ kurzfristig aus biogenen Quellen, beispielsweise aus Holz- oder pflanzlichen Abfällen, und langfristig direkt aus der Luft gewonnen werden kann.
Solche nachhaltigen Flugtreibstoffe sind nicht neu. Was jedoch der Branche bisher fehlt, ist ein erschwinglicher, effizient herstellbarer und im kommerziellen Massstab einsetzbarer Treibstoff, der die Netto-Emissionen der Fluggesellschaften deutlich reduziert. Dies ist das Kernproblem, das die beiden Partner nun gemeinsam lösen wollen.
Die Pilotanlage zur Umwandlung von Methanol in eSAF in diesem Massstab wird die erste ihrer Art in der Schweiz sein. Ziel ist es, die aerobrew-Technologie zu demonstrieren und in einem nächsten Schritt die Skalierung hin zu einer grosstechnischen kommerziellen Nutzung zu ermöglichen.
Text: Paul Scherrer Institut PSI/Benjamin A. Senn basierend auf einer Medienmitteilung von Metafuels
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