Forschende des Paul Scherrer Instituts PSI beteiligen sich an mehreren Projekten des neuen Nationalen Forschungsprogramms Energiewende (NFP70) des Schweizerischen Nationalfonds SNF. Die PSI-Fachleute setzen sich dabei mit Fragestellungen wie den Feinstaubemissionen von Holzheizungen, der ganzheitlichen Bewertung von Energietechnologien und der Herstellung von Halbleiter-Bauteilen für neuartige Transformatoren auseinander.
Das PSI beteiligt sich im neuen Nationalen Forschungsprogramm Energiewende
(NFP70) des Schweizerischen Nationalfonds an der Lösung offener wissenschaftlicher und technischer Fragen im Zusammenhang mit der Energiestrategie 2050. Der Bundesrat hat das Programm mit einem Finanzrahmen von 37 Millionen Franken ausgestattet. Zudem nimmt der Bund mit einem weiteren Nationalen Forschungsprogramm, dem NFP71 Steuerung des Energieverbrauchs
, regulatorische und gesellschaftliche Aspekte der Energiewende unter die Lupe. Beide Programme sollen bis Ende 2018 laufen.
Im neuen NFP70 Energiewende
erhalten Forschungsarbeiten in den Themenfeldern Gebäude und Siedlung
, Stromversorgung
, Industrielle Prozesse
und Verkehr und Mobilität
finanzielle Unterstützung. Ziel ist es, praxistaugliche Ergebnisse zu produzieren, die in den kommenden 10 bis 30 Jahren in der Schweiz Anwendung finden können.
Die Beiträge des PSI betreffen mehrere Projekte. So untersuchen PSI-Forschende aus dem Labor für Atmosphärenchemie in einem Projekt die Folgen der Nutzung von Holzheizungen für Umwelt und Gesundheit. Holz ist im Gegensatz zu fossilen Energieträgern zwar ein nahezu CO2-neutraler Brennstoff, denn bei der Holzverbrennung wird nur so viel CO2 freigesetzt, wie die Bäume zum Wachsen aus der Luft eingeatmet
haben. Aber auch bei der Verbrennung in Holzheizungen entstehen Schadstoffe wie Russ und Feinstaub. PSI-Wissenschaftler unter der Leitung von Josef Dommen vom Labor für Atmosphärenchemie helfen hier mit ihrem Fachwissen über die Bildung von Feinstaub mit, umweltfreundlichere Holzfeuerungen zu entwickeln.
Ein Projekt mit Beteiligung des Labors für Energiesystemanalysen des PSI befasst sich mit den Risiken, die durch die Nutzung von Wärme aus dem tiefen Untergrund (Tiefengeothermie) und Wasserkraft entstehen. Diese beiden Energiequellen sollen in der neuen Energiepolitik einen zunehmenden Anteil an der Energieversorgung der Schweiz einnehmen. Doch auch sie sind nicht risikofrei. Das betreffende Projekt soll helfen, diese Risiken in verschiedenen Szenarien abzuschätzen und Strategien für den Umgang mit ihnen aufzeigen.
PSI-Fachwissen zu Energiesystemanalysen stützt auch ein Projekt, in dem es um CO2-armes Heizen und Kühlen von Gebäuden geht. Die Aufgabe der PSI-Forschenden besteht hier darin, die Nachhaltigkeit einer innovativen Wärmepumpen-Technologie zu bewerten. Wärmepumpen sind Maschinen, die Wärme mit niedriger Temperatur auf ein höheres, etwa für Heizungen nutzbares Temperaturniveau anheben. Strombetriebene Wärmepumpen erleben in der Schweiz zurzeit einen regelrechten Boom. Doch damit steigt auch der Stromverbrauch und weil dieser auch noch unregelmässig anfällt, werden die Stromnetze stark belastet. Wärmepumpen hingegen, die mit Verbrennungsmotoren angetrieben werden, verursachen erhebliche CO2-Emissionen. Eine Lösung mit reduziertem Verbrauch von Strom und fossilen Brennstoffen sucht man jetzt in Sorptionswärmepumpen. Diese nutzen erneuerbare Wärme –etwa aus Sonnenkollektoren – oder Abwärme aus industriellen Prozessen. Konkret setzt das Projekt auf eine Technologie, die auf porösen Feststoffen basiert. Diese Feststoffe können relativ grosse Mengen einer Flüssigkeit in ihre Poren absorbieren. Bei Wärmezufuhr wird die Flüssigkeit aus dem Feststoff ausgetrieben. Bei diesen Prozessen wird Wärme absorbiert bzw. freigesetzt, sodass die Wärmepumpe sowohl zum Kühlen als auch zum Heizen eingesetzt werden kann.
Mit einer vielversprechenden Technologie zur Speicherung grosser Energiemengen befassen sich PSI-Wissenschaftler in einem weiteren Projekt. Es geht um Druckluftspeicherkraftwerke, welche durch ihr grosses Speichervermögen als mögliche Alternative zu Pumpspeicherkraftwerken in der Schweiz gelten. Bei der Druckluftspeicherung nutzt man überschüssigen Strom dazu, Luft zu komprimieren und in Kavernen einzulagern. So wird die elektrische Energie in der komprimierten Luft gespeichert. Bei Bedarf lässt man die komprimierte Luft in eine Turbine strömen, die einen Stromgenerator antreibt. Weltweit existieren bisher nur zwei Druckluftspeicherkraftwerke. Die herkömmliche Technologie weist relativ hohe Energieverluste auf, weil beim Verdichten der Luft Wärme entsteht, die an die Umgebung abgegeben wird. Bei der Entnahme aus dem Speicher dehnt sich die Luft aus und kühlt dadurch weiter ab. Mit der neuen Technologie, der sogenannten adiabatischen Druckluftspeicherung, versucht man, möglichst viel von dieser Abwärme einzufangen. Dazu sind innovative Wärmespeicher in Entwicklung. Die PSI-Arbeiten unter der Leitung von Peter Burgherr zielen darauf ab, diese adiabatische Druckluftspeicherung und ihre Chancen auf eine praktische Anwendung in der Schweiz aus ökologischer und wirtschaftlicher Sicht einzuschätzen.
Schliesslich kommt Knowhow aus dem PSI einem Projekt zugute, bei dem neuartige Transformatoren für eine effiziente und intelligente Stromübertragung im Fokus stehen. Das Projekt, Swiss Transformers
genannt, setzt sich zum Ziel, neuartigeTransformatoren auf der Basis des Halbleiters Siliziumkarbid (SiC) zu entwickeln. Die Gesamteffizienz dieser Transformatoren soll vergleichbar sein mit jener der herkömmlichen Pendants aus Kupfer und Eisen. Das Besondere an den neuen SiC-Trafos ist, dass sie schnell auf Änderungen der Kenngrössen des Stroms reagieren. Dadurch stellen sie sicher, dass das Stromnetz selbst bei stark schwankender Einspeisung aus Wind- und Solarkraft stabil bleibt. Ein weiterer Pluspunkt im Hinblick auf die Zukunft: Auch Gleichstromquellen wie etwa Photovoltaikanlagen, Batterien und Ladestationen für Elektroautos können dank der SiC-Trafos ins Wechselstromnetz eingebunden werden. Forschende des Labors für Mikro- und Nanotechnologie des PSI unter der Leitung von Jens Gobrecht nehmen die Herausforderung an, ein kostengünstiges und zuverlässiges Herstellungsverfahren für die erforderlichen Bauteile aus SiC zu entwickeln. Diese Bauteile sollen bei 3.3 Kilovolt einsetzbar sein – die SiC-Verarbeitungstechnologie ist für solch hohe Spannungen aber noch kaum erforscht.
Text: Paul Scherrer Institut/Leonid Leiva
Weiterführende Informationen
Website des NFP70Kontakt / Ansprechpartner
Josef Dommen, Labor für Atmosphärenchemie,Paul Scherrer Institut
5232 Villigen PSI
Telefon: +41 56 310 2992
E-Mail: josef.dommen@psi.ch
Peter Burgherr, Labor für Energiesystemanalysen
Paul Scherrer Institut
5232 Villigen PSI
Telefon: +41 56 310 2649
E-Mail: peter.burgherr@psi.ch
Jens Gobrecht, Leiter Labor für Mikro- und Nanotechnologie
Paul Scherrer Institut
5232 Villigen PSI
Telefon: +41 56 310 2529
E-Mail: jens.gobrecht@psi.ch