Hyperloop-Systeme, bei denen sich Kapseln in Niederdruckröhren fortbewegen, könnten ein zukünftiges Transportmittel sein: Sie haben das Potenzial, so umweltfreundlich zu sein wie der Zugverkehr, so die erste umfassende Ökobilanz-Studie.
Die weltweite Nachfrage nach schnellen Langstreckenreisen hat wieder das Niveau von vor Covid erreicht und wird in den kommenden Jahrzehnten voraussichtlich weiter steigen. Derzeit wird sie grösstenteils durch Flugreisen gedeckt, die allerdings erhebliche Umweltprobleme mit sich bringen, darunter hohe Treibhausgasemissionen. Bahnreisen sind zwar umweltfreundlicher, aber in der Regel langsamer. Zudem stossen sie derzeit an Kapazitätsgrenzen und ein erheblicher Ausbau der Infrastruktur wäre daher nötig, um die wachsende Nachfrage zu decken. Eine mögliche Lösung für den dringenden Bedarf an schnellen, emissionsarmen Langstreckentransporten ist der sogenannte Hyperloop.
Forschende des Labors für Energiesystem-Analysen am Paul Scherrer Institut PSI haben die bislang erste umfassende Ökobilanz eines Hyperloop-Systems erstellt und darin seine möglichen Umweltauswirkungen beziffert. Sie arbeiteten hierfür gemeinsam mit ecoinvent, einer in Zürich ansässigen Organisation, die Material- und Energiedaten für Umweltberechnungen erstellt und die weltweit führende Ökobilanzdatenbank bereitstellt, sowie Partnern bei EuroTube, einer gemeinnützigen Forschungsorganisation in Dübendorf bei Zürich, die ein Hyperloop-System entwickelt. Gemeinsam gelangten sie zu dem Schluss, dass das Hyperloop-Konzept tatsächlich vielversprechend ist: Reisen mit dem Hyperloop könnten so schnell sein wie Flugreisen und so sauber wie der Zugverkehr – wenn zwei Voraussetzungen erfüllt sind.
Nur 5 % der Klimaauswirkungen eines Fluges
Hyperloop ist ein Hochgeschwindigkeitstransportsystem mit Endstationen und Kapseln, die auf Schienen innerhalb von Niederdruckröhren aus Beton oder Stahl fahren. Die Kapseln gleiten mithilfe von Magnetschwebetechnik in einer vakuumähnlichen Umgebung über die Schienen, sodass Reibung und Luftwiderstand minimiert sind. Sowohl Personen als auch Güter lassen sich so befördern. Die Forschung an und die Entwicklung von Technologien für Hyperloop-Systeme ist noch nicht abgeschlossen und derzeit ist noch kein Hyperloop in Betrieb. Ebenso fehlten bisher umfassende Analysen der Umweltauswirkungen.
Die neue Studie schliesst diese Lücke. Es handelt sich um die erste Ökobilanz über den gesamten Lebenszyklus eines Hyperloop-Systems. Sie wurde kürzlich in der Zeitschrift Resources, Environment and Sustainability veröffentlicht. In ihrer Studie vergleichen die Forschenden ein mögliches Hyperloop-System mit Hochgeschwindigkeitszügen sowie mit dem Flugverkehr innerhalb Europas. Ihr Ergebnis: Der Hyperloop hat grosses Potenzial für energieeffiziente, emissionsarme Hochgeschwindigkeitsreisen.
Hinsichtlich der Klimabelastung verursachen Hyperloop-Systeme beispielsweise nur 5 % der Treibhausgase, die ein herkömmliches Flugzeug auf der gleichen Strecke ausstossen würde. Auch im Vergleich zu E-Kerosin-Flügen gewinnt der Hyperloop deutlich, indem er lediglich ein Viertel der Klimabelastung hat, die ein mit diesem CO2-neutralen Treibstoff betriebener Kurzstreckenflug verursacht.
Die Studie belegt, dass die Klimaauswirkungen eines Hyperloop-Verkehrssystems über dessen gesamten Lebenszyklus hinweg ähnlich wären wie die von Zügen. Dazu müssen zwei bestimmte Bedingungen erfüllt sein:
1. Die Auslastung des Hyperloops muss ähnlich hoch sein wie die der heutigen Fernzüge, vorzugsweise aber höher.
2. Der Strom für den Hyperloop-Betrieb muss aus Quellen mit geringen Treibhausgasemissionen stammen. Genauer gesagt muss das Hyperloop-System einen Strommix verwenden, der ähnlich niedrige Emissionen aufweist wie derjenige, den die Schweizerischen Bundesbahnen in demselben Zukunftsszenario erwarten.
Die erste Ökobilanz ihrer Art
Zur Durchführung der Ökobilanz haben die Forscher etablierte Methoden und Instrumentarien auf eine neuartige Weise eingesetzt. Romain Sacchi, Forscher am PSI-Labor für Energiesystem-Analysen LEA und einer der Autoren der Studie, erklären, dass die Verwendung klassischer Ökobilanz-Datenbanken, die den heutigen Stand der Stromproduktion und anderer Kennzahlen widerspiegeln, widersprüchlich wäre und zu falschen Ergebnissen führen würde, da die Hyperloop-Technologie frühestens in einigen Jahrzehnten umgesetzt werden könnte. «Daher», so Sacchi, «um also eine Fehlberechnung der Umweltauswirkungen zu vermeiden, haben wir Schlüsselbereiche der Ökobilanzdatenbank mit verschiedenen Schweizer Zukunftsszenarien modifiziert.»
«Der Ausgangspunkt unserer Berechnungen war ein Softwarepaket namens Premise, das ursprünglich innerhalb von LEA entwickelt wurde», sagt Christian Bauer, ein weiterer Forscher am PSI LEA und ebenfalls ein Autor der Studie. Premise ist eine Open-Source-Python-Bibliothek, mit der sich Datenbanken von Ökobilanzen modifizieren lassen. Die Forscher nutzten sie, um das Netto-Null-Szenario der Energieperspektive Schweiz 2050+ in die Ökobilanzdatenbank von ecoinvent zu integrieren. Mit der Kombination dieser Tools konnten sie die Umweltauswirkungen über den gesamten zu erwartenden Lebenszyklus des Hyperloops bestimmen.
Hyperloop zeigt vielversprechende Ergebnisse unter den aufkommenden Transportlösungen
«Wir sehen auch einige Herausforderungen», sagt Sacchi. Vielfach erwähnen Projektentwickler mögliche regulatorische Hürden, da die Einführung einer neuen Infrastruktur ein gewisses Mass an politischem Willen erfordert. Hinzu kommen die technische Machbarkeit und mögliche Sicherheitsrisiken. Und schliesslich benötigt der Hyperloop, obwohl er in einem Beinahe-Vakuum arbeitet, immer noch viel Energie.
Nichtsdestotrotz zeigt diese Studie, dass der Hyperloop in der Tat die Vorteile der Reisegeschwindigkeit eines Flugzeugs mit der relativ geringen Umweltbelastung eines Zugs kombinieren kann, wodurch eine bedeutende Lücke im Transportsektor der Zukunft geschlossen und ein Beitrag zur Erreichung der Klimaziele geleistet werden kann.
Die Forschenden betonen, dass der Hyperloop unter den aufkommenden Verkehrstechnologien (Flugzeuge mit Elektro- oder Wasserstoff-Brennstoffzellenantrieb, nachhaltiger Flugkraftstoff und fortschrittliche Bahnsysteme wie die Magnetschwebebahnen in Japan, Korea und China) der vielversprechendste ist hinsichtlich der Kombination von Geschwindigkeit und Kapazität. Sie geben jedoch zu bedenken, dass der Hyperloop im Vergleich mit diesen anderen Technologien die bislang am wenigsten entwickelte ist und, falls sie weiterverfolgt wird, wahrscheinlich die letzte sein wird, die in Betrieb geht.
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Originalveröffentlichung
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Beckert P, Pareschi G, Ehwald J, Sacchi R, Bauer C
Fast as a plane, clean as a train? Prospective life cycle assessment of a hyperloop system
Resources Environment and Sustainability. 2024; 17: 100162 (15 pp.). https://doi.org/10.1016/j.resenv.2024.100162
DORA PSI