Strom on demand

Produzieren Fotovoltaik- oder Windkraftanlagen mehr Strom, als das Netz aufnehmen kann, geht wertvolle Energie verloren. Auf der ESI-Plattform untersuchen Forschende des PSI, wie Brennstoffzellen dazu beitragen können, diese Energie durch Speicherung gezielt nutzbar zu machen.

Auf der ESI-Plattform untersuchen Forschende um Felix Büchi, wie Brennstoffzellen zu einer effizienteren Energieversorgung mit Strom aus Fotovoltaik- und Windkraftanlagen beitragen können. (Foto: Paul Scherrer Institut/Markus Fischer)
Blick ins Innere des Versuchscontainers: Die Anlage besteht aus vier Brennstoffzellen-Systemen zu je 236 Einzel-Zellen.
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Das Stromnetz kann keine Energie speichern. Doch darum kümmert sich die Natur nicht. So produzieren Fotovoltaik- oder Windkraftanlagen je nach Wetterlage, Tages- und Jahreszeit unterschiedlich viel Strom. Meinen es Sonne oder Wind zu gut und wird der Strom nicht verbraucht, bleibt den Netzbetreibern nur ein Schritt: die Anlagen zu drosseln.

Überschussstrom zwischenspeichern

Damit diese wichtige Energie nicht verloren geht, untersuchen Forschende des PSI auf der ESI-Plattform (ESI steht für Energy System Integration) verschiedene Wege, den von Fotovoltaik- oder Windkraftanlagen in Überflusszeiten gelieferten Strom zu speichern und bei Bedarf wieder nutzbar zu machen. Ziel der Forschenden ist es, das Potenzial einer industriellen Nutzung dieser unterschiedlichen, als Power-to-X zusammengefassten Verfahren auszuloten.

Die ESI-Plattform bietet die dafür nötige Infrastruktur. Der erste Schritt ist dabei für alle diese Verfahren gleich: Um die im Strom enthaltene Energie längerfristig speicherbar zu machen, muss sie zuerst einmal umgewandelt werden. Das geschieht mit einem sogenannten Elektrolyseur. Dort wird der Überschussstrom dazu genutzt, um aus Wasser Wasserstoff und Sauerstoff zu erzeugen. Nachdem diese beiden Gase gereinigt wurden, werden sie in Tanks auf der ESI-Plattform gespeichert. So sind sie beliebig lang lagerbar und können bei Bedarf weiterverwendet werden.

Rückverstromung via Brennstoffzellen

Für diese weitere Verwendung stehen mehrere Wege offen – einer davon führt über Brennstoffzellen. Diese drehen den Prozess der Elektrolyse um und erzeugen aus den beiden Gasen Wasserstoff und Sauerstoff wieder elektrischen Strom.

Um das industrielle Potenzial der Brennstoffzelle für die Nutzung überschüssiger Energie aus Fotovoltaik- oder Windkraftanlagen zu untersuchen, haben PSI-Forschende in Zusammenarbeit mit dem Freiburger Unternehmen Swiss Hydrogen auf der ESI-Plattform einen Versuchscontainer installiert, der im kleinen Massstab eine industrielle Umgebung simuliert. Da ein Brennstoffzellen-System alleine zu wenig Strom erzeugt, werden darin mehrere Systeme zusammengeschaltet. Im Labor können wir weder Brennstoffzellen-Systeme der erforderlichen Grösse testen noch wie sich die Systeme in einer industriellen Betriebsumgebung verhalten, begründet Felix Büchi, Leiter des Labors für Elektrochemie am PSI, den Schritt vom Labor auf die ESI-Plattform. Die Brennstoffzellen-Anlage im Versuchscontainer besteht aus vier Brennstoffzellen-Systemen zu je 236 Einzel-Zellen. Gross genug, um eine erste Hochrechnung in Richtung einer industriellen Anwendung zu erlauben und um jene wissenschaftliche Fragen zu beantworten, die in der Laborumgebung nicht simuliert werden können.

Die Wirtschaftlichkeit entscheidet

Besonders ist, dass den Forschenden auf der ESI-Plattform reiner Sauerstoff für den Betrieb ihrer Brennstoffzellen zur Verfügung steht. Durch reinen Sauerstoff kann ein höherer Wirkungsgrad erreicht werden, als mit jenen Brennstoffzellen, die üblicherweise in Fahrzeugen eingesetzt werden und den Sauerstoff aus der Luft verwenden, betont Büchi.

Der Wirkungsgrad gibt an, wie viel der ursprünglichen Energie nach den verschiedenen Umwandlungsschritten noch vorhanden ist. Ein Wirkungsgrad von 50 Prozent ist für den Weg von Strom zu Gas zu Strom über die Brennstoffzelle das langfristig angestrebte Ziel. Je höher der Wirkungsgrad, desto geringer die Energieverluste und damit die Kosten für den gesamten Prozess. Denn letztendlich entscheiden die Kosten, ob eine Technologie wirtschaftlich sinnvoll umgesetzt werden kann, sagt Büchi. Das macht den Wirkungsgrad zusammen mit der Lebensdauer zu einem bedeutenden Faktor für die Wirtschaftlichkeit von Brennstoffzellen und wie man beides verbessern kann zu wichtigen Forschungsfragen auf der ESI-Plattform. Zudem müssen in der Kostenrechnung Investitionen in die Infrastruktur wie beispielsweise für die Sauerstoffspeicherung mitberücksichtigt werden. Ein weiterer wichtiger Punkt, den die Forschenden in ihre Bewertung des industriellen Potenzials miteinbeziehen.

Strom on demand

Dem über die Brennstoffzelle aus Wasserstoff und reinem Sauerstoff erzeugten Strom stehen mehrere Anwendungen offen. Wenn zu wenig Strom im Netz ist, kann er wieder eingespeist werden. Ein weiteres Anwendungsfeld zeichnet sich mit der Zunahme der Elektromobilität ab. Batteriebetriebene Elektrofahrzeuge benötigen Hochleistungs-Ladestationen, an denen sie rasch aufgeladen werden können. Dieser steigende Bedarf könnte die Stromnetze künftig überfordern, so Büchi. Mit Brennstoffzellen könnte der Strom genau dann produziert werden, wenn der Kunde sein Fahrzeug aufladen will. Auch für die unterbruchsfreie Stromversorgung kann ein mit Wasserstoff und reinem Sauerstoff betriebenes Brennstoffzellen-System zum Einsatz kommen. Diese wird vor allem in kritischen Infrastrukturen wie Rechenzentren, Krankenhäusern oder Verkehrsleitstellen benötigt.

Die ESI-Plattform am PSI

Die ESI-Plattform hat im Herbst 2016 ihren Betrieb aufgenommen. Ihr Ziel ist es, in enger Zusammenarbeit mit Partnern aus Forschung und Industrie verschiedene Varianten der Power-to-X-Technologie und der energieeffizienten Nutzung von Biomasse auf ihre technische und wirtschaftliche Machbarkeit hin zu untersuchen und weiterzuentwickeln. Die Plattform ist für Partner aus der Industrie offen. Neben der Brennstoffzellen-Technologie werden auf der ESI-Plattform zurzeit zwei Verfahren zur Methanerzeugung aus Biomasse getestet.

Text: Paul Scherrer Institut/Martina Gröschl

Weiterführende Informationen
Überblick: Versuchsplattform ESI – neue Wege zum Energiesystem der Zukunft
Kontakt/Ansprechpartner
Dr. Felix Büchi, Leiter Labor für Elektrochemie,
Paul Scherrer Institut, 5232 Villigen PSI, Schweiz
Telefon: +41 56 310 24 11, E-Mail: felix.buechi@psi.ch