SwissFEL: «Athos» macht grosse Fortschritte

Die neue Strahllinie am Freie-Elektronen-Röntgenlaser SwissFEL ist bald einsatzbereit: Die Arbeiten zur Fertigstellung liegen voll im Zeitplan. Vor Kurzem lieferte «Athos» das erste Mal Laserlicht; zur Freude der verantwortlichen PSI-Forschenden sogar früher als erwartet. Schon im April soll die erste Experimentierstation bereitstehen und vermutlich Ende des Jahres in Betrieb gehen.

Romain Ganter und Luc Patthey (beide stehend) im Kontrollraum des PSI, zusammen mit «Athos»-Operator Didier Voulot. Hier haben die PSI-Forschenden im Dezember das erste Laserlicht von «Athos» beobachtet – und gefeiert.
(Foto: Paul Scherrer Institut/Markus Fischer)
So zeigte sich «Athos» am 17. Dezember 2019 auf dem Bildschirm im Kontrollraum: als kompakter Röntgenlaserstrahl.
(Foto: Paul Scherrer Institut/Markus Fischer)
Previous slide
Next slide

Am 17. Dezember war es soweit: Die Forschenden starteten einen ersten Versuch, ob «Athos» liefern kann – Röntgenlaserlicht nämlich. Mit diesem Licht wird die zweite Strahllinie in Zukunft völlig neue Untersuchungen ermöglichen. Dass der erste Versuch bereits erfolgreich sein würde, konnte niemand erwarten: Immerhin war erst ein Bruchteil der geplanten Vorrichtung aufgebaut, in der das Laserlicht erzeugt wird. «Wir dachten, wir probieren es trotzdem mal», erzählt Romain Ganter, Physiker am Labor für Beschleuniger-Technologie und Projektleiter für den Beschleunigerteil von Athos. «Und tatsächlich: Es funktionierte! Wir waren selbst überrascht.»

Dieses «First Lasing» war ein entscheidender Meilenstein. «Das Projekt Athos befindet sich damit auf der Zielgeraden», erklärt Luc Patthey, Leiter des Labors für Angewandte Photonik und Projektleiter für den optischen Teil sowie die Experimente an Athos. «Der nächste Meilenstein wird das Ankommen des Laserstrahls in der Experimentierstation sein.»

Elektronen auf Slalom

Im Freie-Elektronen-Röntgenlaser SwissFEL wird ein Elektronenstrahl über eine Strecke von Dutzenden Metern durch Magnete von seiner geraden Bahn abgelenkt und auf eine Slalombahn gebracht. Dadurch entsteht Röntgenlicht, das sich zu Röntgenlaserlicht verstärkt. Die erste Strahllinie am SwissFEL, «Aramis», ging 2017 in Betrieb. «Athos» soll dieses Jahr folgen. Nach ihrer Fertigstellung wird die Strahllinie 100 Röntgenpulse pro Sekunde liefern.

Im Gegensatz zu «Aramis» gibt «Athos» weniger energiereiche Röntgenstrahlung ab, die Forschenden sprechen von «weicher» Strahlung. Das ermöglicht ganz andere Untersuchungen. Während «Aramis» dabei hilft, die Geheimnisse einzelner Atome zu enthüllen, wollen Forschende mit «Athos» Molekülen bei chemischen Reaktionen zusehen und die exotischen Eigenschaften sogenannter Quantenmaterialien untersuchen, sagt Luc Patthey.

Auch das Design von «Athos» unterscheidet sich von dem seiner Nachbarlinie. «Nirgendwo sonst auf der Welt gibt es einen Röntgenlaser mit diesem Aufbau», sagt Romain Ganter stolz. In der neuen Strahllinie wechseln sich zwei Arten von Bauteilen über 60 Meter immer wieder ab: Undulatoren, in denen sich 800 Magnete aneinanderreihen und Elektronen auf eine Slalombahn lenken, sowie Schikanen – zusätzliche sehr starke Magnete. «Mit den Schikanen kann man die einzelnen zigarrenförmigen Elektronenpakete, aus denen ein Elektronenstrahl besteht, unter anderem in Längsrichtung komprimieren oder quer dazu verschieben», erklärt Ganter.

Früher Erfolg

Ist «Athos» fertig gebaut, werden sich 16 Undulatoren und 15 Schikanen abwechseln. Am 17. Dezember standen erst zwei Undulatoren mit einer Schikane dazwischen zur Verfügung – aber selbst das genügte schon. «Sobald wir die Schikane in Betrieb nahmen, sahen wir auf dem Bildschirm in der Messzentrale, wie sich die diffuse Scheibe, die das Röntgenlicht darstellte, zu einem sehr kleinen Spot zusammenballte – wir hatten einen Laserstrahl und damit Röntgenlaserlicht!», freut sich Ganter. Das zeige, dass alles hervorragend funktioniere und der Elektronenstrahl eine hohe Qualität aufweise.

Eine weitere weltweite Besonderheit an Athos wird der kreuzförmige Aufbau der Undulatoren sein. Er ermöglicht es, vier Reihen von Magneten unabhängig voneinander in verschiedene Richtungen zu bewegen und damit die Eigenschaften des Röntgenstrahls sehr flexibel je nach Bedarf zu verändern.

«Für die Experimentierenden wird es bald spannend», verspricht Ganter.

Die erste Experimentierstation namens Maloja wird gerade aufgebaut. Dort werden Forschende dann die äusseren Elektronen von Molekülen studieren können, um so mehr über die Dynamik bei chemischen Reaktionen zu erfahren. 

Text: Paul Scherrer Institut/Brigitte Osterath

Kontakt/Ansprechpartner

Dr. Romain Ganter
Labor für Beschleuniger-Technologie

Paul Scherrer Institut, Forschungsstrasse 111, 5232 Villigen PSI, Schweiz
Telefon: +41 56 310 52 79, E-Mail: romain.ganter@psi.ch [Deutsch, Englisch, Französisch]

PD Dr. Luc Patthey
Labor für Angewandte Photonik
Paul Scherrer Institut, Forschungsstrasse 111, 5232 Villigen PSI, Schweiz
Telefon: +41 56 310 45 62, E-Mail: luc.patthey@psi.ch [Deutsch, Englisch, Französisch]