Viele Wege führen in die Energiezukunft

Das Ziel ist klar: null Treibhausgasemissionen bis 2050. Doch wie kann die Schweiz die Energiewende schaffen – zu möglichst geringen Kosten und unter Gewährleistung der Versorgungssicherheit? Antworten liefern Forschende des PSI mit einem in diesem Umfang einzigartigen Computermodell.

Evangelos Panos entwickelt im Team komplexe Computermodelle, die simulieren, wie sich die Energiesysteme in Zukunft verändern könnten. Dies erlaubt unterschiedliche Rückschlüsse, zum Beispiel: Der Pro-Kopf-Energieverbrauch sollte sinken.
(Foto: Scanderbeg Sauer Photography)

Wenn Tom Kober über seine Arbeit spricht, macht er eines sofort klar: «Wir sagen nicht die Zukunft voraus.» Das verwirrt zunächst, schliesslich nennt sich Kobers Spezialgebiet «Foresight», was so viel wie «Vorausschau» bedeutet. Auch wenn Kober also in die Zukunft blickt, sagt er sie nicht vorher. «Wir berechnen Szenarien nach dem Prinzip Waswäre- wenn», so Kober. «Aber jedes Rechenmodell ist immer nur eine Abstraktion der Realität, was bedeutet, dass gewisse Aspekte vernachlässigt werden.» Keines dieser Szenarien werde genau so eintreten. Dennoch seien sie als Unterstützung zur Entscheidungsfindung sehr wertvoll für Verantwortliche in Politik und Wirtschaft. «Die Szenarien zeigen mögliche Handlungsoptionen und welche Konsequenzen sie haben, was vor allem für den Vergleich verschiedener Szenarien interessant ist.»

Kober beschäftigt sich seit mehr als fünfzehn Jahren mit Energiesystemen, CO2-Emissionen und den drängenden Fragen, die sich mit dem fortschreitenden Klimawandel stellen. Seit 2016 leitet der 45-Jährige die Gruppe Energiewirtschaft, eine wichtige Arbeitsgruppe im Labor für Energiesystemanalysen (LEA) am PSI. «Das PSI ist für diese Art der interdisziplinären Forschung der ideale Ort», bestätigt Russell McKenna, der Leiter des LEA. Das LEA stelle die optimale Ergänzung zu den Arbeitsschwerpunkten der beiden PSI-Forschungsbereiche Nukleare Energie und Sicherheit sowie Energie und Umwelt dar. «Wir unterstützen unter anderem die Kolleginnen und Kollegen, die Elektrolyseure oder Brennstoffzellen entwickeln, mit Marktanalysen. Umgekehrt profitieren wir von den Daten und der Expertise der Kolleginnen und Kollegen, die neue Technologien entwickeln», so McKenna.

Diese Kompetenz ist auch der Innosuisse, der Schweizerischen Agentur für Innovationsförderung, bekannt. Sie hat festgestellt, dass es in der Schweiz viel gute Foresight-Forschung zu Energiesystemen gibt, dass diese allerdings wenig koordiniert ist. 2017 hat der Projektträger daher ein gemeinsames Kooperationsprojekt «Szenarien und Modelle», kurz: JASM (Joint Activity Scenarios and Modelling), aufgelegt, das für die Schweiz Entwicklungspfade zu einer klimaneutralen Gesellschaft berechnen soll. An ihnen können sich Politik und Wirtschaft orientieren. Beteiligt waren die acht Schweizer Kompetenzzentren für Energieforschung (SCCER). Neben dem PSI zählen dazu weitere Institutionen des ETHBereichs wie Empa, EPFL, WSL und ETH Zürich, die Hochschule Luzern sowie die Universitäten in Basel und Genf. Jede dieser Forschungseinrichtungen hat besondere Stärken und konzentriert sich auf bestimmte Fragestellungen.

Der Pro-Kopf-Energieverbrauch sollte sinken: Hier ein Vergleich für die Jahre 2030, 2040 und 2050 bezüglich dreier Szenarien.
(Grafik: Paul Scherrer Institut/Mahir Dzambegovic)

Das Modellierungsteam im Labor für Energiesystemanalysen am PSI ist national und international bekannt für sein selbst entwickeltes Schweizer Energiesystemmodell STEM (Swiss Times Energy Systems Model). Massgeblich entwickelt haben es Kannan Ramachandran und Evangelos Panos. «Es ist das einzige Modell, das mit einem ausgesprochen hohen, technischen Detaillierungsgrad Entwicklungspfade für das ganze Energiesystem der Schweiz über lange Zeiträume mit einer sehr guten zeitlichen Auflösung abbilden kann», sagt Evangelos Panos, Forscher aus der Gruppe Energiewirtschaft. Andere Forschende, die Energiemodelle anwenden, betrachteten oft nur ein bestimmtes Jahr in der Zukunft, nicht aber den Zeitverlauf über mehrere Jahrzehnte. In dem JASM-Verbundprojekt der Innosuisse haben die PSI-Forschenden drei Netto- Null-Szenarien im Vergleich zu einem Referenzszenario untersucht, wobei in Letzterem bis 2050 die CO2-Emissionen nur um 40 Prozent gegenüber 1990 reduziert werden: neben einem Netto-Null-CO2-Emissionsminderungsszenario (CLI) eine Variante, die eine Reduktion von Energieimporten auf ein Minimum mitberechnet (SECUR), und eine Variante mit einem verhaltenen Ausbaupotenzial für neue erneuerbare Energien (ANTI).

Russell McKenna, Leiter des Labors für Energiesystemanalysen
(Foto: Scanderbeg Sauer Photography)

Im vergangenen Jahr hat das Team um Tom Kober nun die Ergebnisse seiner Modelle vorgestellt. Die schlechte Nachricht vorweg: Um das Netto- Null-Ziel bis 2050 zu schaffen, sind erhebliche Anstrengungen nötig. Möchte man dieses Ziel möglichst kosteneffizient erreichen, muss sich die installierte Photovoltaikleistung alle zehn Jahre verdoppeln und drei Viertel aller Wohnhäuser müssten dann mit Wärmepumpen heizen. Dadurch würde der durchschnittliche Energieverbrauch pro Kopf gegenüber heute auf die Hälfte sinken. Die Schweiz würde sich damit zur viel zitierten 2000-Watt-Gesellschaft entwickeln. Das hiesse also, der jährliche Primärenergieverbrauch pro Kopf entspräche einer durchschnittlichen Leistung von 2000 Watt. Heute sind es knapp 4000 Watt pro Person. Bei einem schleppenden Ausbau erneuerbarer Energien müsste der durchschnittliche Leistungsbedarf sogar auf 1750 Watt sinken. Das Netto-Null-Ziel könnte hier vor allem durch zusätzliche Anstrengungen bei Energieeinsparungen erreicht werden, was entsprechend höhere Kosten verursacht, zum Beispiel für Wärmedämmung und verbesserte Prozessintegration.

Eine tragende Rolle bei der Energiewende spielt die Photovoltaik. Rund fünfzig Terawattstunden an Solarstrom könnte die Schweiz pro Jahr ernten, wenn alle verfügbaren Flächen ausgenutzt würden. Heute werden allerdings nur vier Prozent davon verwendet. Möchte das Land 2050 weitgehend auf Energieimporte verzichten, müssten aber mehr als 90 Prozent dieser Flächen ausgenutzt werden. Um die Ziele im Basisszenario zu erreichen, müssten dagegen nur rund 50 Prozent der möglichen Solarenergieflächen genutzt werden, im Szenario mit verzögertem Ausbau wären es in etwa 40 Prozent.

Inzwischen haben auch die anderen Forschungseinrichtungen ihre JASM-Ergebnisse vorgestellt und in einem Synthesebericht zusammengefasst. Daneben gibt es auch die Szenarien des Bundes – die Energieperspektiven 2050+. In den wesentlichen Befunden sind sich die Forschenden einig. Doch gibt es auch Unterschiede. So liegen die Kosten in den Modellen des PSI höher als bei anderen Gruppen.

Das PSI ist für diese interdisziplinäre Forschung der ideale Ort.

Russell McKenna, Leiter des Labors für Energiesystemanalysen

«Manche Ereignisse kann aber selbst das beste Rechenmodell nicht vorhersehen, etwa wenn ein Virus die Welt in Atem hält oder ein Krieg die verlässliche Versorgung mit fossilen Brennstoffen gefährdet», gibt Laborleiter McKenna zu bedenken. Solche Schockereignisse sind Thema von SURE (Sustainable and Resilient Energy for Switzerland), einem Forschungsprojekt im SWEET-Programm (Swiss Energy Research for the Energy Transition) des Bundesamts für Energie. Darin untersuchen zehn Forschungspartner unter der Leitung von Tom Kober, wie sich das Energiesystem bei einem Schock verhält und wie man gegensteuert. Bei der Corona-Pandemie sind sich Fachleute recht sicher, dass die unmittelbaren Auswirkungen für das Energiesystem lediglich kurz- und mittelfristig seien, die langfristigen Ziele etwa zur Dekarbonisierung änderten sich dadurch nicht.

Ausschöpfung des Photovoltaik-Potenzials: Um die Ziele möglichst geringer CO2-Emissionen zu erreichen, ist in allen Szenarien ein starker Ausbau der Photovoltaik notwendig. Teilweise mehr als 90 Prozent der möglichen gut fünfzig Terawattstunden müssen es je nach Szenario sein.
(Grafik: Paul Scherrer Institut/Mahir Dzambegovic)

Anders könnte es sich beim Ukraine-Krieg verhalten. Einige Szenarien im JASM-Report des PSI rücken dadurch plötzlich in den Fokus. Heute werden etwa drei Viertel des gesamten jährlichen Energieverbrauchs importiert. Das Szenario SECUR ist darauf ausgelegt, neben der Dekarbonisierung möglichst zügig unabhängig von Energieimporten zu werden, etwa indem Wasserstoff mit regenerativen Energien aus dem Inland erzeugt wird. In einem solchen Szenario ist nicht nur eine Steigerung der Stromproduktion notwendig, sondern es muss auch mehr Energie eingespart und die Flexibilität des Energiesystems zur Integration grosser Mengen erneuerbarer Energien erhöht werden. Das verteuert die Anstrengungen zum Klimaschutz zusätzlich etwa um das Zweieinhalbfache.

Als Wirtschaftsingenieur ist Kober neben den technischen Wechselwirkungen vor allem an solchen ökonomischen Aspekten der Transformation von Energiesystemen interessiert. Die Frage lautet: Was kostet es, wenn wir in einem Szenario diese oder jene Entscheidungen treffen und welche Wechselwirkungen folgen daraus in einem so komplexen Energiesystem? Die mehr oder weniger eindeutige Antwort: Günstig wird es jedenfalls nicht. Je nach Szenario kommen erhebliche Kosten auf die Gesellschaft zu. Kein Wunder: Wenn die Schweiz von ihrem CO2-Ausstoss von 43,4 Millionen Tonnen pro Jahr (Stand: 2020) bis 2050 auf netto null kommen will, dann müssen die CO2-Emissionen in Zukunft im Durchschnitt jedes Jahr um anderthalb Millionen Tonnen gegenüber dem Vorjahr sinken.

Für die Energiewende benötigen wir auch neue Finanzierungsinstrumente und staatliche Garantien.

Tom Kober, Leiter der Gruppe Energiewirtschaft

Es gibt aber auch eine gute Nachricht: Diese Dekarbonisierung der Energieversorgung ist technisch möglich und prinzipiell bezahlbar – wenn man die Massnahmen klug wählt.

Betrachtet man die Kosten des Referenzszenarios, bei dem die CO2-Emissionen bis zum Jahr 2050 um 40 Prozent gegenüber dem Jahr 1990 sinken, so sieht man, dass sich die gesamten Kosten des Energiesystems bis 2050 gegenüber heute mehr als verdoppeln. Für die Erreichung des Netto-Null-Ziels fallen zusätzliche Kosten an. Diese bewegen sich je nach Szenario zwischen rund 180 und 840 Franken pro Jahr und Kopf bis 2030. Bis 2050 betragen die zusätzlichen Kosten zwischen 1440 und 3750 Franken. Evangelos Panos zu den Unterschieden bei den Kosten zwischen den Szenarien: «Ursachen für die Bandbreite sind unterschiedliche Entwicklungen der Energieträgerpreise, der Energietechnologien, der Ressourcenverfügbarkeit, der Marktintegration, der Akzeptanz von Technologien und die Abhängigkeit von Energieimporten. Ändern sich die Rahmenbedingungen, hat das einen anderen Technologiemix zur Folge, verbunden mit steigenden Kosten für das Energiesystem, wenn die kostengünstigen Klimaschutzoptionen nur eingeschränkt verfügbar sind.»

Wirtschaftsingenieur Kober versucht unter anderem anhand der Szenarien auszuloten, wie sich die Kosten der Energiewende entwickeln werden. Eines ist klar: Es wird teurer.
(Foto: Scanderbeg Sauer Photography)

Klar ist also: Die Energiewende wird teuer. Wie teuer, das hängt von den politischen Entscheidungen ab. Der Hoffnung, durch Nichtstun Geld zu sparen, erteilt Kober eine klare Absage: Das ANTI-Szenario, bei dem kostengünstigere Massnahmen zur Energiewende nur schleppend vorankommen, wie zum Beispiel der Ausbau erneuerbarer Energien, ist von allen Szenarien das teuerste. Statt nur 1440 Franken wie im Netto-Null-Basisszenario (CLI) würden die Schweizerinnen und Schweizer im Jahr 2050 dann 3750 Franken pro Jahr zusätzlich bezahlen müssen. Bei einem schleppenden Ausbau der erneuerbaren Energien bekäme Wasserstoff eine wesentlich geringere Bedeutung, da die einheimischen Ressourcen zur Produktion nicht vollumfänglich zur Verfügung stünden. Um dies auszugleichen, müssten Massnahmen zur Energieeinsparung vorgezogen werden und man müsste umweltfreundliche Energien zu hohen Preisen aus dem Ausland importieren. Auch für den Fall, dass die Schweiz möglichst unabhängig von Energieimporten sein möchte, würden sich die zusätzlichen Kosten der Energiewende im Jahr 2050 auf 2560 Franken pro Jahr fast verdoppeln, vor allem durch den schnelleren Zubau von Photovoltaik und durch bessere Gebäudedämmung in Verbindung mit Wärmepumpen.

Ein Schlüssel zum Gelingen aller ambitionierten Entwicklungspfade ist neben den Kosten die Akzeptanz. Im ANTI-Szenario legen die Forschenden eine pessimistische und abwehrende Haltung der Bevölkerung zugrunde, die den Energiewandel um zehn Jahre zurückwerfen würde. Dass das nicht weit hergeholt ist, zeigt die Volksabstimmung vom Juni 2021, in dem die Schweizer Stimmbürgerinnen und Stimmbürger wichtige Klimaschutzmassnahmen im geänderten CO2-Gesetz abgelehnt haben.

Auch die Finanzwelt sieht Kober in der Pflicht. Das Energiesystem der Zukunft ist zunehmend kapitalintensiv, man spart zwar bei den Ausgaben für Brennstoff, muss aber vorher grössere Summen etwa in Photovoltaikanlagen oder in Wasserstofftechnologie investieren. Banken bewerten die Risiken von Investitionen und unterscheiden zwischen reifen Technologien wie Photovoltaik oder Wärmedämmung und Technologien, die sich heute erst auf dem Weg zur Marktreife befinden. Die Energiewende gelingt aber nur, wenn neue Technologien rund um Wasserstoff oder das Abscheiden von CO2 aus Kraftwerksabgasen oder Müllverbrennungsanlagen in grossem Stil eingeführt werden. Hier seien neue Finanzierungsinstrumente und staatliche Garantien gefragt.

Energiesystemkosten in Schweizer Franken pro Kopf und Jahr: Hier ein Vergleich für die Jahre 2030, 2040 und 2050 bezüglich dreier Szenarien.
(Grafik: Paul Scherrer Institut/Mahir Dzambegovic)

Welches Szenario ist nun das beste oder das wahrscheinlichste? Wie gesagt: Kein Szenario des PSI-JASM-Reports sagt die Zukunft voraus, keines hat nur Vorteile, insofern gibt es kein Gut oder Schlecht.

Einige Grundprinzipien stecken aber in allen Szenarien:

  • Treibhausgasemissionen müssen einen «Preis bekommen » – das heisst, dass die Energiepreise die Kosten für Umwelt und Mensch beinhalten. Ausserdem müssen die Massnahmen zur Dekarbonisierung koordiniert erfolgen und schnell, denn sonst wird es erst recht teuer.
  • Strom aus emissionsarmen Quellen, insbesondere erneuerbaren Energien, ist der Rohstoff der Energiewende. Der Stromverbrauch der Schweiz könnte von heute rund 60 auf bis zu 80 Terawattstunden im Jahr 2050 steigen. Dazu muss sich die Leistung aus Photovoltaik jedes Jahrzehnt mindestens verdoppeln, wenn auch der schrittweise Ausstieg aus der Kernenergie kompensiert werden soll.
  • Mehr wetterabhängige Stromproduktion, wie aus Photovoltaik- und Windkraftanlagen, hat zur Folge, dass das Energiesystem viel flexibler reagieren muss, wozu zusätzliche Energiepuffer (kurzfristig und saisonal) in Form von Batteriespeichern, thermischen oder chemischen Speichern notwendig sind sowie die Bereitschaft der Verbraucherinnen und Verbraucher, den Energiekonsum stärker als bisher an das Energieangebot anzupassen.
  • Ohne das Abscheiden und unterirdische Speichern von CO2 sind Dekarbonisierungsziele nicht zu erreichen. Die Schweiz muss sich dabei mit ihren Nachbarn abstimmen.
  • Technologieoffenheit zahlt sich aus, Wettbewerb kombiniert mit Anreizen bringt die besten Ergebnisse zu geringsten Kosten.

Die Forschung mit dem STEM-Modell geht weiter und soll auf andere Aspekte der Nachhaltigkeit und der Widerstandsfähigkeit des Energiesystems ausgedehnt werden, darunter vor allem auf soziale Auswirkungen der Energiewende. Tom Kober ist optimistisch, dass die Energiewende gelingen kann: «Was wir jetzt brauchen, sind entschlossene Massnahmen und konkrete Regelungen zur Kontrolle der Kohlenstoffemissionen, die jeder nachvollziehen kann.»

6 Millionen Gleichungen – ein Energiesystem

Der gelernte Softwareingenieur und Energiemodellierer Evangelos Panos hat über die Jahre mit seinem Kollegen Kannan Ramachandran und einem Team weiterer Forschender ein reichhaltiges Rechenmodell aufgebaut: das STEM-Energiesystemmodell. Es besteht aus sechs Millionen Gleichungen mit sechs Millionen Variablen, die unterschiedlichste Aspekte des Schweizer Energiesystems beschreiben. Über die Gleichungen sind die Variablen in vielen Dimensionen miteinander verknüpft. Verändert man eine Variable, etwa den Preis für die Emission einer Tonne CO2 oder den Ausbau der Photovoltaik, ändern sich Dutzende weitere Variablen, manchmal auf unvorhergesehene Weise.

Es ist unvorstellbar, solch ein gigantisches Gleichungssystem mit Papier, Bleistift und Taschenrechner zu kalkulieren. Selbst der spezielle Computer, den Panos einsetzt, braucht mehrere Stunden, um das Gleichungssystem für ein einzelnes Szenario zu lösen. Aber die Modellierung von Energiesystemen mittels verschiedener Szenarien ist mehr als das, denn es geht darum, Fachwissen über das Energiesystem aus verschiedenen Disziplinen in effiziente Algorithmen zu überführen, um sie mittels mehrerer Computer überhaupt berechnen zu können. Daher ist es nicht verwunderlich, dass es Monate an akribischer Detailarbeit bedurfte, um alle Szenarien und deren Varianten im JASM-Projekt zu kalkulieren.

Das STEM-Modell des PSI hat im Vergleich zu Modellen anderer Forschungsteams einige herausragende Besonderheiten – aber es kann natürlich nicht alles. Es ist ein techno- ökonomisches Optimierungsmodell. Es trifft zum Beispiel keine Aussagen, wie sich die Szenarien in der Schweiz auf den Arbeitsmarkt oder auf die Wertschöpfung auswirken. Auch haben die Forschenden die Emissionen aus dem internationalen Luftverkehr ausgeklammert sowie die Emissionen, die im Ausland im Zusammenhang mit der Einfuhr von Gütern in die Schweiz entstehen. Deshalb ist die Modellierung des Schweizer Energiesystems keine Soloaufgabe des PSI, sondern eingebettet in Forschungskooperationen mit anderen renommierten Forschungsgruppen, um schlussendlich ein umfassendes Bild der Transformation des Energiesystems mit möglichst vielen Facetten zu zeichnen.

Text: Bernd Müller

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