Der goldene Weg, schädliche Abgase im Auspuff zu ersticken

Abgase aus der Dieselverbrennung werden mit Hilfe einer wässrigen Lösung aus Harnstoff von schädlichen Stickstoffoxiden befreit. Das ist der Stand der Technik. Der Harnstoff zerfällt dabei zu Ammoniak und dieser wiederum reduziert die Stickoxide zu harmlosem Stickstoff. Die Harnstofflösung kann jedoch unerwünschte feste Rückstände bilden und zudem bei strenger Kälte gefrieren. Nun haben Forscher des Paul Scherrer Instituts PSI einen Katalysator entwickelt, mit dem bessere Reduktionsmittel als Harnstoff für die Stickoxidverminderung genutzt werden können.

Oliver Kröcher, Leiter der Gruppe für Bioenergie und Katalyse, forscht seit vielen Jahren an der selektiven katalytischen Reduktion von Stickoxiden aus der Dieselverbrennung
So sieht der von den PSI-Forschern hergestellte Gold-Titandioxid-Katalysator aus. Bild: Scanderbeg Sauer Photography
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Gegen den unerwünschten Ausstoss von Stickstoffoxiden aus Dieselfahrzeugen oder Diesel-Notstromgeneratoren ist schon lange ein Mittel bekannt: Harnstoff. Als wässrige Lösung in den Abgasstrom eingedüst kann Harnstoff schnell zu Ammoniak zerfallen. Ammoniak wiederum reduziert die umweltschädigenden Stickstoffoxide zu harmlosem Stickstoffgas. Nebenprodukte dieser chemischen Reaktionen können sich aber leider im Auspuff ablagern und dessen Funktion beeinträchtigen. Zudem gefrieren die Harnstofflösungen bereits bei -11 °C, was den Einsatz in kälteren Klimaten erschwert. Foscher suchen deshalb seit einger Zeit nach Alternativen zu der seit 2004 kommerziell in Dieselfahrzeugen eingesetzten Harnstofflösung.

Zu den Topkandidaten gehören Salze der Ameisensäure, Formiate genannt, die ebenfalls rasch zu Ammoniak umgewandelt werden und noch dazu einen tieferen Gefrierpunkt sowie höhere Stabilität unter Erhitzung aufweisen. Doch auch diese Salze bilden lästige Nebenprodukte: zuallererst Ameisensäure selbst - eine der korrosivsten organischen Säuren überhaupt. Aus der weiteren Umwandlung der Ameisensäure können Kohlenmonoxid, unerwünschtes Formamid sowie die hochgiftige Blausäure hervorgehen.

Die Kette der unliebsamen Nebenprodukte kann jedoch durchbrochen werden, indem man durch Einsatz eines geeigneten Katalysators die „richtigen“ Reaktionen fördert oder die „falschen“ unterdrückt. Die Frage lautet nun, wie man eine nebenproduktfreie Ammoniak-Herstellung auf Basis von Formiaten realisieren kann, das heisst, unter Einsatz welches Katalysators genau die Bildung von Ammoniak gelingt, ohne dass gleichzeitig unerwünschte Nebenprodukte entstehen. Zur Antwort gelangt ist kürzlich ein Team aus dem Paul Scherrer Institut in Zusammenarbeit mit dem deutschen Chemieunternehmen AlzChem AG. AlzChem hat das Salz Guanidiniumformiat (GuFo) als einen hervorragenden Ersatz für Harnstoff zur Verhinderung von Stickstoffoxid-Emissionen zum Patent angemeldet. Dieses Salz zeichnet sich aus durch eine Reihe von Vorzügen. So ist es sehr gut in Wasser löslich und kann mehr Ammoniak pro Liter Lösung speichern als Harnstoff. Zudem besitzt GuFo einen deutlich tieferen Gefrierpunkt als Harnstofflösungen und eine bessere thermische Stabilität bei hohen Temperaturen, was eine praktisch unbegrenzte Lagerzeit bei hohen Sommertemperaturen erlaubt.

Den Fluch der Nebenprodukte gebannt

Doch es blieb nach wie vor das Problem der Nebenprodukte. GuFo kann nämlich wie Harnstoff auch Ameisensäure samt ihrer schädlicher Derivate Kohlenmonoxid, Formamid und Blausäure bilden. Eine Lösung dafür haben PSI-Forscher unter der Leitung von Oliver Kröcher, Leiter des Labors für Bioenergie und Katalyse, vor Kurzem geliefert. Aus vielen Detailuntersuchungen leiteten sie ab, dass ein Katalysator auf der Basis von Gold-Nanopartikeln auf einem Substrat aus Titaniumdioxid (TiO2) alle Eigenschaften besitzen könnte, die man für diese Anwendung suchte. In einer Reihe von Laborversuchen, bei denen die Wissenschaftler GuFo-Lösung bei Temperaturen ab 250 °C auf den Katalysator sprühten, hat sich diese Prognose dann auch bewahrheitet. GuFo wurde auf dem TiO2-Substrat vollständig zu Ammoniak zersetzt. Die theoretisch mögliche Freisetzung von Ameisensäure wurde dabei vollständig unterdrückt, da diese dank des Goldkatalysators sehr rasch zu CO2 abgebaut wurde. Dadurch fiel auch die Entstehung der Folgeprodukte Methanamid und Blausäure weg.

Vielversprechende Langzeitstabilität

Dass Gold ein hochaktives Katalysatormaterial ist, entdeckte man überraschenderwiese erst vor einigen Jahren. Dennoch gibt es noch fast keine praktische Anwendung von Gold-Katalysatoren, da diese nur eine begrenzte Stabilität aufweisen. Es bringt nämlich wenig, wenn ein Katalysator eine chemische Reaktion selektiv und mit hoher Ausbeute in die gewünschten Bahnen lenkt, nach wenigen Reaktionszyklen aber deaktiviert wird. Deshalb untersuchten Kröcher und seine Kollegen, wie beständig sich ihr neu gefundener Gold-TiO2-Katalysator gegenüber den harschen Bedingungen im Abgas eines Dieselmotors verhielt. Dazu unterzogen die Forscher ihren Katalysator einem sogenannten hydrothermalen Beständigkeitstest. Die Kombination von Hitze und hoher Feuchtigkeit ist nämlich einer der Hauptgründe dafür, dass die Aktivität von Katalysatoren im Motorenabgas nach einiger Zeit nachlässt. Der Goldkatalysator von Kröchers Team büsste jedoch kaum an Aktivität und Selektivität ein. Selbst nach fünf Stunden bei 800 °C hielt der Katalysator stand und die garstigen Nebenprodukte des Ammoniakzerfalls wurden in Schach gehalten.

Nur geringfügig wankte der Goldkatalysator auch unter dem zweitärgsten Angriff: der Sulfatisierung. Schwefel ist nämlich Gift für die meisten Katalysatoren. Doch obwohl die Forscher ihren Goldkatalysator sechs Stunden lang bei 400 °C in einem Schwefeldioxid-haltigen Gasstrom platzierten, blieb die Ammonikausbeute unverändert hoch. Lediglich bei niedrigen Temperaturen tauchten kleine Mengen Ameisensäure und des Folgeproduktes Kohlenstoffmonoxid auf.

Diese Tests, obwohl zunächst auf Laborskala, stimmten die Forscher so zuversichtlich, dass sie sich entschlossen, eine technische Umsetzung ihrer Erkenntnisse prüfen zu lassen. Inzwischen ist an der Technischen Universität München auf der Basis dieser Forschungsarbeiten der Prototyp eines Ammoniak-Generators mit dem PSI-Gold-Katalysator als Herzstück entwickelt und erfolgreich an einem Dieselmotorenprüfstand getestet worden. Zur Zeit laufen weiter gehende Tests des Ammoniak-Generators in der Industrie an einem landwirtschaftlichen Fahrzeug. Die PSI-Forscher glauben, dass dies die erste kommerzielle Anwendung eines Gold-Katalysators in der Abgasreinigung werden könnte.

Text: Leonid Leiva

Kontakt / Ansprechpartner
Dr. Oliver Kröcher, Leiter der Gruppe für Bioenergie und Katalyse, Paul Scherrer Institut,
Telefon: +41 56 310 42 02, E-Mail: oliver.kroecher@psi.ch