In den Schweizer Bioabfällen schlummert ein grosses Energiepotenzial. Denn aus ihnen lässt sich wertvolles Methan gewinnen, der Hauptbestandteil von Erdgas. Mit einer am PSI entwickelten Technologie könnte künftig die Methan-Ausbeute aus Bioabfällen deutlich gesteigert werden. Ein zusammen mit Energie 360° durchgeführter Langzeittest am Vergär- und Klärwerk Werdhölzli soll nun die Technologie auf ihrem Weg zur industriellen Anwendung weiter vorantreiben.
Bereits heute wird aus Bioabfällen und Klärschlamm in Vergäranlagen Methan hergestellt und in das Erdgas-Netz eingespeist. Das dabei entstehende Roh-Biogas enthält jedoch nicht nur Methan, sondern bis zu 40 Prozent Kohlendioxid (CO2), welches bei der herkömmlichen Biogasaufbereitung abgetrennt werden muss. Mit einer am PSI entwickelten Technologie ist es nun möglich, die Methan-Ausbeute aus Bioabfällen deutlich zu erhöhen. Die Idee dahinter ist so einfach wie effizient: Statt das CO2 mühsam abzutrennen, wird Wasserstoff zugeführt und aus der Verbindung noch mehr Methan erzeugt.
1000 Stunden im Dauertest
Herzstück der Technologie ist ein sogenannter Wirbelschicht-Reaktor. In ihm wird ein Katalysator aus Nickel aufgewirbelt und mit dem Roh-Biogas und dem zugeführten Wasserstoff vermischt. Der Katalysator sorgt dafür, dass sich das CO2 und der Wasserstoff neu zu Methan und Wasser verbinden.
Ein zusammen mit dem Zürcher Energieanbieter Energie 360° im Frühjahr 2017 durchgeführter Langzeittest soll nun die Technologie auf ihrem Weg zur industriellen Anwendung weiter vorantreiben. Dazu wird eine am PSI umgesetzte, mobile Demonstrationsanlage am Vergär- und Klärwerk Werdhölzli aufgebaut und im 1000-Stunden-Dauerbetrieb unter realen Bedingungen getestet. „Roh-Biogas ist von seiner Zusammensetzung her nicht gleichbleibend“, beschreibt Serge Biollaz, Projektleiter seitens des PSI, die Herausforderung. „Hier wollen wir nachweisen, dass unser Verfahren auch über längere Zeit ein durchgehend stabiles Ergebnis liefert.“
Beitrag zur Energieversorgung der Zukunft
Das Potenzial der Technologie ist gross. Durch die direkte Nutzung des CO2 im Roh-Biogas ist die Technologie nicht nur umweltfreundlich, sondern erlaubt auch eine besonders effiziente Methan-Ausbeute aus Bioabfällen: „Die Direkt-Methanisierung unter Wasserstoffzugabe könnte die Biomethan-Produktion in bereits bestehenden Biogas-Anlagen künftig um zwei Drittel steigern“, sagt Biollaz.
Die Direkt-Methanisierung kann darüber hinaus auch dazu beitragen, einem der grossen Handicaps der Gewinnung von Energie aus dezentralen, erneuerbaren Energiequellen wie Sonne oder Wind zu begegnen: dem Überschussstrom. So produzieren Fotovoltaik- oder Windkraft-Anlagen bei guter Wetterlage mehr Strom, als das Stromnetz aufnehmen kann. Bisher war dieser Strom für die Nutzung verloren. Mit der Umwandlung von Strom in Gas, genannt Power-to-Gas, kann die Energie jedoch in Form von Gas (als Wasserstoff oder Methan) zwischengespeichert und für verschiedene Anwendungen nutzbar gemacht werden. Dazu wird mit dem Überschussstrom Wasserstoff hergestellt. Im Fall der Direkt-Methanisierung wird dieser dann für die Herstellung des Methans genutzt, welches in das Erdgasnetz eingespeist werden kann.
Wirtschaftliche Machbarkeit entscheidend
So vielversprechend die Direkt-Methanisierung ist – für eine Nutzung im industriellen Massstab reicht es alleine nicht aus, dass das Verfahren technisch machbar und aus Umweltsicht sinnvoll ist: „Es muss auch sichergestellt werden, dass eine derartige Anlage wirtschaftlich betrieben werden kann“, betont Biollaz. Daher ist die Prüfung der Wirtschaftlichkeit der Direkt-Methanisierung im Kontext der Biogasaufbereitung ebenfalls Teil des Projekts.
Die ESI-Plattform am PSI
Die Demonstrationsanlage namens Cosyma (Cosyma steht für Container-based System for Methanation) ist Teil der Energy-System-Integration-Plattform des PSI. Die ESI-Plattform hat im Herbst 2016 ihren Betrieb aufgenommen. Ihr Ziel ist es, in enger Zusammenarbeit mit Partnern aus Forschung und Industrie verschiedene Varianten der Power-to-Gas-Technologie auf ihre technische und wirtschaftliche Machbarkeit hin zu untersuchen.
Text: Paul Scherrer Institut/Martina Gröschl
Weiterführende Informationen
Überblick: Versuchsplattform ESI – neue Wege zum Energiesystem der ZukunftPartner der ESI-Plattform
Kontakt/Ansprechpartner
Dr. Serge Biollaz, Leiter Thermochemische Prozesse, Paul Scherrer Institut, 5232 Villigen PSI, SchweizTelefon: +41 56 310 29 23; E-Mail: serge.biollaz@psi.ch [Deutsch, Englisch, Französisch]