Russverteilung im Partikelfilter des Dieselautos erstmals sichtbar gemacht

Dieselkraftfahrzeuge sind heute serienmässig mit einem Partikelfilter ausgestattet; er ist im Zuge der Abgasnorm Euro5 Standard. Der Filter verhindert, dass schädliche Russ- und Aschepartikel aus den Abgasen in die Umwelt gelangen. Wie sich Russ genau im Filter anlagert, weiss die Automobilindustrie allerdings nicht. Mithilfe eines speziellen bildgebenden Verfahrens, der Neutronentomografie, haben Forscher am Paul Scherrer Institut PSI den Russ im Filter nun sichtbar gemacht und so eine Grundlage geschaffen, um solche Filter weiterentwickeln und optimieren zu können

(a) Foto des Dieselpartikelfilters im Stahlmantel.

(b) Neutronentomografiedaten. Der Stahlmantel ist kein Hindernis für Neutronen und erlaubt einen Einblick in den beladenen Filter. Zu erkennen ist auch die zusätzlich angebrachte Abdeckung an der Einlassseite, welche Bereiche des Monolithen während der Beladung schützt.

(c) Rasterelektronenmikroskopieaufnahme, welche die Russschicht mit einer Dicke von 0,25 mm – das entspricht etwa der Dicke von zwei menschlichen Haaren – an der Filterwand zeigt.
Analyse der Tomografiedaten:

(a) Vertikaler, mittiger Schnitt durch den Dieselpartikelfilter. Die äusseren Bereiche sind stärker beladen (dunkler) mit Russ beladen als die inneren Bereiche, die durch die Abdeckung geschützt sind.

(b) Deutlich zu erkennen sind die zwei scharfen vertikalen Linien als Grenzen zwischen beladenem und unbeladenem Filter. Ebenso ist eine horizontale Line im oberen Drittel zu erkennen, die auf die katalytische Zonenbeschichtung zurückzuführen ist.
Hochauflösende Neutronentomografie.

(a) Foto der zurechtgeschnittenen Probe. Helle Ablagerungen sind Ascherückstände, schwarze Ablagerungen rühren von der Russbeladung her.

(b) 3-D-Darstellung.

(c) Segmentierung der einzelnen Bestandteile der Probe.
Christian Grünzweig an der ICON-Strahlline der Neutronenspallationsquelle am PSI.
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Russpartikelfilter finden sich heute in den meisten Neufahrzeugen mit Dieselmotor. Das ist nötig, weil die Partikel im Abgas hauptsächlich aus schädlichem Russ und Asche bestehen und nicht an die Umwelt gelangen sollten. Im Filter werden die Abgase daher in ein wabenartig aufgebautes Kanalsystem geschickt, bei dem nur jede zweite Wabe einen Ausgang hat. So muss das Abgas vor dem Weiterströmen die porösen Wände zwischen den Waben durchdringen. Russ- und Aschepartikel passen nicht durch die Poren und lagern sich an den Wänden ab. Nach mehreren hundert Kilometern ist der Filter voll mit Russ. Hat sich viel Russ abgelagert, wird der Filter regeneriert. Dafür wird die Abgastemperatur erhöht und der Russ zu CO2 verbrannt. Nur die unverbrannte Asche bleibt weiterhin im Filter zurück. Mit der Zeit staut sich immer mehr Asche an. Nach etwa 180 000 Kilometern ist der Filter mit Asche gefüllt und muss ausgetauscht werden.

Russverteilung unbekannt

Was im Detail im Filter passiert und wo sich der Russ ablagert, konnten Automobilhersteller und Zulieferindustrie bisher nur in etwa erahnen oder indirekt ermitteln. So kann man den Filter aufsägen, um den Russ zu sehen. Dabei wird allerdings durch den Sägevorgang bereits ein Teil des Russes abgeschüttelt. Zerstörungsfrei kann der Partikelfilter zwar mit Röntgenmessungen untersucht werden, jedoch kann damit nur die Ascheverteilung nachgewiesen werden, der Russ aber nicht. Er besteht aus Kohlenstoff. Den sieht man auf Röntgenbildern nicht.

Neutronentomografie zeigt die Russverteilung deutlich

Nun ist es gelungen, dieses Dilemma zu lösen. Das PSI kann mit Neutronentomografieuntersuchungen nebst der Ascheverteilung auch die Russverteilung abbilden. Christian Grünzweig, Physiker am PSI, bringt es auf den Punkt: Man nennt die Bauteile zwar Russpartikelfilter. Aber bisher konnte niemand zerstörungsfrei nachweisen, wo der Russ darin eigentlich bleibt. Wir sind die ersten, die den Russ an seiner Ablagerungsstätte nachweisen können.

Neutronen haben gegenüber Röntgenstrahlen den Vorteil, dass sie neben einer erhöhten Sensitivität für Kohlenstoff vor allem eine markant höhere Sensitivität für Wasserstoff aufweisen. Christian Grünzweig erläutert: Russ können wir gut abbilden, weil er noch kleine Mengen an Wasserstoff enthält, der aus unverbrannten Kraftstoffbestandteilen stammt.

Auf seinem Weg durch die Probe wird der Neutronenstrahl je nach Eigenschaften des durchdrungenen Materials unterschiedlich stark abgeschwächt. Aus der gemessenen Abschwächung können die Wissenschaftler ein detailliertes Bild der Russ- und Ascheverteilung rekonstruieren. So können sie endlich auch sichtbar machen, wo genau sich im Filter Russ ablagert.

Mit den Messresultaten des PSI gewinnt die Automobil- und Zulieferindustrie neue Erkenntnisse darüber, wie sich Russ und Asche im Filter genau verteilen. Daraus können die Ingenieure und Ingenieurinnen ablesen, wie künftige Filtergeometrien aussehen müssen, damit sich das Abgas gleichmässig im ganzen Filter verteilt – und mit ihm die Ablagerungen. Zudem erhoffen sie sich Aufschluss darüber, wie das Abgas in den Filter idealerweise einströmen muss. Ideal wäre, dass sich das Abgas gleichmässig im ganzen Filter verteilt und sich die Ablagerungen entsprechend regelmässig verteilen. So würde der Filter optimal genutzt und müsste weniger oft kostspielig ersetzt werden.


Über das PSI

Das Paul Scherrer Institut entwickelt, baut und betreibt grosse und komplexe Forschungsanlagen und stellt sie der nationalen und internationalen Forschungsgemeinde zur Verfügung. Eigene Forschungsschwerpunkte sind Materie und Material, Mensch und Gesundheit, sowie Energie und Umwelt. Mit 1500 Mitarbeitenden und einem Jahresbudget von rund 300 Mio. CHF ist es das grösste Forschungsinstitut der Schweiz.

Kontakt / Ansprechpartner
Dr. Christian Grünzweig, Projektleiter für industrielle Anwendungen Neutronen Imaging,
Paul Scherrer Institut, 5232 Villigen, Schweiz
Telefon: +41 56 310 46 62, E-Mail: christian.gruenzweig@psi.ch
Originalveröffentlichung
Visualisierung der Russ- und Ascheverteilung in Dieselpartikelfiltern mittels Neutronen Imaging.
Grünzweig C, Mannes D, Kaestner A, Vogt M.
MTZ - Motortechnische Zeitschrift 73 (2012), Nr 4, S. 326-331