Ingenieurskunst

Mit Ingenieurskunst ist zumeist die Kunst gemeint, Geräte zu entwerfen und herzustellen, die technische Spitzenleistungen möglich machen. Diese Galerie zeigt in fünf Bildern, dass sich dieser Begriff auch anders verstehen lässt, wenn man die Geräte von ihrer eigentlichen Funktion losgelöst als Kunstwerke mit einer ganz eigenen Ästhetik betrachtet.

Die Elektronenquelle: Hier beginnt die Reise der namengebenden freien Elektronen des Freie-Elektronen-Röntgenlasers SwissFEL. Im Inneren der autoradgrossen Quelle werden die Elektronen aus einer Halbleiterschicht ausgeschlagen und schon auf den ersten Zentimetern ihres Wegs auf beinahe Lichtgeschwindigkeit beschleunigt. So schnell treten sie dann aus der zentralen Öffnung der Elektronenquelle aus. Für die perfekte Beschleunigung muss die Innenseite der Quelle eine extrem glatte Kupferoberfläche haben. Für den finalen Schliff wurde daher eine spezielle Diamantbearbeitungstechnik eingesetzt. Die hohe Beschleunigungsenergie in der Elektronenquelle führt zudem dazu, dass die entscheidenden Bauteile sich erwärmen. Ein Kranz aus edelstählernen Wasserrohren wirkt dem entgegen und hält die Temperatur mit einer Abweichung von wenigen tausendstel Grad Celsius konstant.
(Foto: Scanderbeg Sauer Photography)
Patiententisch für die Protonentherapie: Am PSI werden Patienten, die an bestimmten Krebserkrankungen leiden, mit Protonenstrahlen behandelt. Die Protonen zerstören den Tumor effizient und schädigen das umliegende gesunde Gewebe so gut wie nicht. Entscheidend für den Erfolg der Behandlung ist, dass der Strahl genau auf den Tumor trifft. Dazu trägt dieser Patiententisch bei, auf dem die Liege befestigt wird, auf der wiederum der Patient ruht. Der Tisch lässt sich millimetergenau bewegen, sodass der Patient präzise im Strahl positioniert werden kann. Unter dem Gewicht von Liege und Patient biegt sich der Tisch jedoch unweigerlich durch. Eine der Ingenieursleistungen dieses Tisches besteht daher darin, dass sich diese Biegung exakt voraussagen und somit bei der Planung der Behandlung berücksichtigen lässt. Der Tisch wurde in einer Kooperation zwischen PSI und der Firma Schaer Proton AG aus Flaach ZH entwickelt. Inzwischen vertreibt Schaer Proton Patiententische an Protonentherapiezentren weltweit.
(Foto: Scanderbeg Sauer Photography)
Hochfrequenzverstärker: Noch ist dieses mannshohe Stück Elektrotechnik ein Prototyp, der ausführlich getestet wird. Bald aber soll dieser Verstärker ein starkes elektrisches Wechselfeld erzeugen, das die Elektronen der SLS weiter beschleunigt. Die so beschleunigten Elektronen strahlen dann das charakteristische Röntgenlicht ab, das in zahlreichen Experimenten genutzt wird. Die derzeit noch eingesetzten Vorläufer dieses Verstärkers sind sogenannte Klystrons. Sie sind deutlich grösser und benötigen umfangreiche zusätzliche Geräte beispielsweise zur Kühlung und Abschirmung. Der neue Verstärker hat zudem den Vorteil, dass er aus 108 identischen Bauteilen besteht. Die einzelnen Bauteile sind in sechs Säulen angeordnet und untereinander mit vielen Kabeln verbunden, sodass sich ihre Wirkung addiert. Sollte eines dieser Bauteile defekt werden, lässt es sich unkompliziert austauschen. Den Verstärker-Prototypen haben Ingenieure und Techniker am PSI entwickelt und gebaut. Inzwischen wird er in PSI-Lizenz von der Aargauer Firma Ampegon AG hergestellt.
(Foto: Scanderbeg Sauer Photography)
Quadrupol-Magnet: Dieser rund 20 Zentimeter grosse Quadrupol- Magnet ist einer von Hunderten speziell entwickelter Magnete, die an den Teilchenbeschleunigern des PSI zum Einsatz kommen. Sie alle sorgen dafür, dass die Teilchenstrahlen in den Beschleunigern genau den vorgegebenen Bahnen folgen und sind daher für die hohe Qualität der Grossanlagen des PSI unerlässlich. Die Magnete werden in einer engen Zusammenarbeit zwischen Physikern und Ingenieuren entworfen – die Physiker definieren die Eigenschaften, die die Magnete haben müssen, die Ingenieure suchen nach Lösungen, um diese praktisch umzusetzen. Da es nicht möglich ist, die Magnete von vorneherein so zu entwerfen und zu bauen, dass sie den hohen Anforderungen genügen, müssen die Physiker und Ingenieure die fertigen Magnete vermessen und für den Einsatz im Beschleuniger «qualifizieren». Bei Grossserien optimieren sie mit der Zeit immer weiter den Produktionsprozess. Die benötigten magnetischen Messsysteme wurden vom PSI in Zusammenarbeit mit dem CERN entwickelt und stellen selbst eine Höchstleistung der Ingenieurskunst dar.
(Foto: Scanderbeg Sauer Photography)
Magnetstruktur: Magnetstrukturen wie diese sind das Kernstück der Undulatoren am Freie-Elektronen-Röntgenlaser SwissFEL. Über eine Strecke von 60 Metern sind jeweils zwei solcher 33 Zentimeter langen Magnetstrukturen spiegelbildlich übereinander montiert. Dazwischen bleibt ein waagerechter Spalt von rund drei Millimetern, durch den die auf fast Lichtgeschwindigkeit beschleunigten Elektronen hindurchfliegen. Die goldgelben Teile der Magnetstrukturen sind kleine Einzelmagnete aus Neodym. Sie zwingen die Elektronen auf einen engen Slalom-Kurs, die dadurch das besondere Licht des SwissFEL abstrahlen. Um für die Elektronen das Magnetfeld an jedem Punkt entlang ihrer Strecke optimal einzustellen, lässt sich jeder einzelne Magnet durch eine Schraube minimal in der Höhe verstellen. Die Reihe der Schrauben ist an der unteren Kante der Magnetstruktur zu sehen. Diesen ausgeklügelten Verstellmechanismus entwickelten Physiker und Ingenieure am PSI – und sie bauten dazu passend einen Roboter, der automatisiert die Undulatorstrecke entlangfährt und alle Schrauben justiert.
(Foto: Scanderbeg Sauer Photography)
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