Am selben Ort Russ filtern und Stickoxide reduzieren an der Kombination dieser beiden wichtigen Aufgaben der Abgasnachbehandlung in Fahrzeugen arbeiten Ingenieure seit einigen Jahren. Forschende des Paul Scherrer Instituts zeigen: Unrealistisch ist das nicht. Am Russ sollte es jedenfalls nicht scheitern.
Bei der Dieselverbrennung in den Motoren von Fahrzeugen entsteht ein Mix von gesundheits- und umweltschädlichen Emissionen. Dazu zählen Stickoxide und Russpartikel - Emissionen, die bis dato in getrennten Teilen des Abgasnachbehandlungssystems eines Fahrzeugs abgefangen und teilweise neutralisiert werden. Diese räumliche Trennung erhöht den Platzbedarf für die Abgasnachbehandlung. Für die Fahrzeughersteller zählt aber jeder Kubikzentimeter, den sie einsparen können. Deshalb steht die Entwicklung kompakter Systeme für die Abgasnachbehandlung ziemlich hoch auf ihrer Prioritätenliste. Eine Vorrichtung, in der Russpartikel aus der Dieselverbrennung eingefangen und gleichzeitig Stickoxide zu harmlosem Stickstoffgas reduziert werden, ist deshalb seit einigen Jahren im Visier der Ingenieure in den Entwicklungsabteilungen vieler Fahrzeugbauer.
Von Stickoxiden zu harmlosem Stickstoffgas
Stickoxide werden bei der Abgasnachbehandlung durch die sogenannte selektive katalytische Reduktion (SCR) in harmloses Stickstoffgas umgewandelt. Dazu benötigt man, wie der Begriff es schon andeutet, einen Katalysator. Dessen Funktion besteht darin, die Reduktion der Stickoxide durch Reaktion mit Ammoniak schneller und effizienter zu machen. Ammoniak entsteht dabei vorgängig aus dem Zerfall von Harnstoff, der in einem Tank mit an Bord gespeichert und nur nach Bedarf in den Abgasstrom eingedüst wird. Will man am selben Ort die Stickoxide reduzieren und den Russ filtern, muss man sicherstellen, dass Dieselruss die Katalyse der Stickoxid-Reduktion nicht stört. Denn der Kohlenstoff, aus dem Russ besteht, ist reaktiv und kommt in einem solchen kombinierten Abgasnachbehandlungssystem mit Stickoxiden, Sauerstoff, Ammoniak und Harnstoff in Kontakt, was die Reaktionsmöglichkeiten im Vergleich zu räumlich getrennten Komponenten vervielfacht.
Steht Russ vielleicht im Weg?
Wie sich die Ablagerung von Russ auf die Funktion des SCR-Katalysators unter realistischen Bedingungen auswirkt, hat der PSI-Doktorand Max Mehring in seiner Dissertation untersucht. Seine Ergebnisse zeigen: Russ kann, statt einen Störfaktor darzustellen, die katalytische Umwandlung von Stickoxiden in harmlosen Stickstoff sogar unterstützen.
Mehring und seine Kollegen vom Labor für Bioenergie und Katalyse belegten dies mit Experimenten, in denen sie verschiedene Russproben untersuchten. Dazu zählten künstlich hergestellter Russ sowie echte, von Lastwagenmotoren produzierte Russproben. Die Forscher testeten die katalytische Wirkung von Russ bei Temperaturen und Gasfluss-Geschwindigkeiten, wie sie typischerweise im Teillast-Betrieb eines Fahrzeugs auftreten können. Hohe Temperaturen und langsame Gasströmungen befördern in der Regel die katalytische Reduktion von Stickoxiden, ein bekannter Zusammenhang, der hier wieder einmal Bestätigung fand. Die Wissenschaftler fanden zudem, dass Russ nur dann die Reduktion der Stickoxide begünstigte, wenn in der Gasmischung Stickstoffdioxid vorhanden war. Stickstoffdioxid ist glücklicherweise auch in der Praxis im Abgasstrom vorhanden: In der marktüblichen Gasnachbehandlungskette entsteht dieses Gas im Diesel-Oxidierungskatalysator, woraufhin es in den SCR-Katalysator gelangt. Nur, Stickstoffdioxid wird dort meist in unzureichenden Mengen produziert und so bleibt es in der Praxis der limitierende Faktor. Ist das Stickstoffdioxid einmal verbraucht, hört der Russ sofort auf, bei der Reduktion der Stickoxide katalytisch zu wirken.
Erfreuliche Nachricht für Entwickler
Solange aber Stickstoffdioxid vorhanden ist, beteiligt sich der Russ an der Reduktion der Stickoxide mit mindestens 5 Prozent des Gesamtumsatzes. „Der Beitrag ist nicht gewaltig, aber er ist doch eine erfreuliche Nachricht für die Entwickler, die vor allem eins fürchten: dass Russablagerungen die Reduktion der Stickoxide abwürgen könnten“, sagt Oliver Kröcher, Leiter des Labors für Bioenergie und Katalyse. „Das ist aber, wie unsere Arbeiten zeigen, definitiv nicht der Fall“, fügt Kröcher hinzu.
Text: Paul Scherrer Institut/Leonid Leiva
Kontakt / Ansprechpartner
Dr. Oliver Kröcher, Leiter des Labors für Bioenergie und Katalyse, Paul Scherrer Institut,Telefon: +41 56 310 20 66, E-Mail: oliver.kroecher@psi.ch