Feuer und Flamme

Gas- und Dampfkraftwerke (GuD-Kraftwerke), auch Kombikraftwerke genannt, gehören in vielen Ländern Europas zu den Optionen für eine sichere Energieversorgung. In der Energiestrategie 2050 des Bundes sind sie als möglicher Ersatz für die auslaufenden Kernkraftwerke genannt. Kombikraftwerke verwandeln Erdgas durch den kombinierten Einsatz von Gas- und Dampfturbinen mit einer sehr hohen Effizienz von 60 Prozent zu Strom. Zudem lassen sich diese Kraftwerke schnell hoch- und herunterfahren, sie eignen sich also bestens zum Auffangen von Produktionsschwankungen aus Wind- und Solarkraftwerken. Doch ihre CO2-Emissionen sind, wenn auch die tiefsten aller konventionellen Kraftwerke auf Basis fossiler Brennstoffe, immer noch beträchtlich. An einer Lösung arbeiten Forscher des Paul Scherrer Instituts im Rahmen eines europäischen Projektes.

Peter Jansohn, Leiter des Labors für Verbrennungsforschung am PSI, an der von seinem Team gebauten Versuchsbrennkammer mit Sichtscheibe. (Bild: Scanderbeg Sauer Photography)
So sieht die Flamme für das menschliche Auge aus. … (Bild: PSI)
…und so zeigt sie sich unter dem „Laserblick“. Mit den am PSI entwickelten laserspektroskopischen Techniken lassen sich Bilder der Flammen mit viel grösserem Detailreichtum erstellen.(Bild: PSI)
Diese in Versuchen erhaltenen Bilder zeigen die unterschiedlichen Verbrennungseigenschaften von Wasserstoff, Synthesegas und Methan. Die Wasserstoffflamme entwickelt sich fast vollständig in der unmittelbaren Nähe des Brennstoff- und Lufteintritts. (Bild: PSI)
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Im von der EU mitfinanzierten „Projekt H2-IGCC“ geht es darum, Grundlagen für GuD-Kraftwerke zu entwickeln, bei denen das CO2 intern im Kraftwerk vor der Verbrennung abgeschieden wird. Der Brennstoff für GuD-Kraftwerke ist meistens Erdgas, das zur Hauptsache aus Methan besteht. Aber auch andere Brennstoffe können zum Einsatz kommen. So zum Beispiel Synthesegas, ein Gemisch aus Wasserstoff (H2) und Kohlenstoffmonoxid (CO), das aus der Vergasung von Kohlenwasserstoffen (u.a. Kohle, Raffinerie-Rückstände, Biomasse) gewonnen wird. Der Vorteil von Synthesegas als Brennstoff ist, dass sich das CO daraus leichter vor der Verbrennung abtrennen lässt, als das CO2 -nach der Verbrennung- aus den Abgasen eines GuD-Kraftwerks. Dazu wird das CO im Synthesegasgemisch unter Zugabe von Wasserdampf zu hoch konzentriertem CO2 umgewandelt, ein Prozess, den man als „Wassergas--Shift-Reaktion“ bezeichnet. Anschliessend wird das CO2 ausgewaschen, komprimiert und in einem geeigneten Speicher gelagert.

Nach diesen Prozessschritten besteht das verbleibende Synthesegas zu über 70 Volumenprozent aus Wasserstoff. Dieser wasserstoffreiche Brennstoff ist zwar „sauberer“, er stellt aber auch höhere Anforderungen an die Komponenten der Turbine. Denn Wasserstoff ist noch reaktiver als Synthesegas und brennt deshalb viel intensiver als das üblicherweise in Gasturbinen umgesetzte Erdgas. Zum einen zündet ein wasserstoffreicher Brennstoff schneller, so dass die Verbrennung einsetzen kann, bevor sich Brennstoff und Luft ausreichend vermischt haben. Das wiederum kann zu vermehrtem Ausstoss von schädlichen Stickstoffoxiden (NOx) führen. Die frühe Zündung bedeutet auch, dass die Verbrennung vor allem in der Nähe des Brennstoffeintritts verläuft, was die Materialien an dieser Stelle der Brennkammer einer erhöhten Belastung aussetzt.

Andererseits ist im heissen Abgas aus der Verbrennung, das nach der Brennkammer durch die Turbine strömt und diese antreibt, mehr Wasserdampf enthalten als bei Synthesegas oder Erdgas. Da Wasserdampf sehr effizient Wärme überträgt, erhitzen sich nun die Turbinenschaufeln stärker. Dieser Effekt muss durch eine verbesserte Kühlung dieser Turbinenteile aufwendig kompensiert werden.

Der Beitrag der PSI-Forschenden

Das PSI ist beim H2-IGCC mit dem Teilprojekt „Verbrennung“ betraut. Hierbei geht es darum, die Effizienz- und Emissionsstandards von heutigen GuD-Kraftwerken auch unter Einsatz von wasserstoffreichem Brennstoff einzuhalten. Die PSI-Wissenschaftler untersuchen dazu mit eigens entwickelten Methoden, wie sich die Flamme bei der Verbrennung in der Brennkammer ausbreitet, oder wie sich der Zündpunkt des Brennstoffes hinauszögern lässt. Die Experimente laufen in einer Versuchsbrennkammer des PSI, zu der die Forschenden über Sichtscheiben Zugang haben. Durch diese „Fenster“ wird in die Brennkammer Laserlicht eingestrahlt, mit dem charakteristische, in der Flammenfront vorkommende chemische Verbindungen in Echtzeit detektiert werden können. Unterstützt werden die Experimente durch detaillierte Computersimulationen der Verbrennungsvorgänge.

In den ersten zwei Jahren haben die Projektpartner das Konzept der Gasturbine mit wasserstoffreichem Brennstoff bereits in seinen Teilprozessen weiterentwickelt. Zum Abschluss der derzeitigen Projektphase im Jahr 2013 soll das Brennkammer-Konzept unter realen Bedingungen demonstriert werden. In einem Folgeprojekt möchte man dann eine Pilotanlage realisieren.

H2-IGCC steht für Hydrogen Integrated Gasification Combined Cycle, zu deutsch: Gas-und Dampfkraftwerk mit integrierter Vergasung (und Wasserstoff als Hauptbestandteil des Brennstoffes). In diesem Projekt werden also Grundlagen erarbeitet, um ein Kombi-Kraftwerk mit integrierter Vergasung einschliesslich der Brennstoffaufbereitung zu einem wasserstoffreichen Brenngas zu entwickeln. Kombikraftwerke mit integrierter Vergasung gibt es bereits lange, neu ist nun der im Kraftwerk vorgeschaltete Prozess der CO2-Abscheidung, der zum wasserstoffreichen Brenngas führt. Diese CO2-Abscheidung kostet leider Energie und eines der Ziele des Projektes ist es, diesen zusätzlichen Energieaufwand möglichst klein zu halten.