Materialien mit besonderen magnetischen Eigenschaften spielen für moderne Technologien eine wichtige Rolle – etwa in Festplatten, auf denen Informationen im Computer gespeichert werden. Forschungen am SwissFEL werden helfen, neue magnetische Materialien zu entwickeln und schnelle Veränderungen in solchen Materialien „live“ zu beobachten. So könnte man sehen, was genau in einer Festplatte geschieht, wenn man den Speicherinhalt ändert.
Dass wir eine Musiksammlung, die noch vor wenigen Jahren ganze Schränke eingenommen hätte, heute auf einem Gerät speichern können, das kleiner ist als ein Päckchen Taschentücher, liegt zu einem grossen Teil an neuartigen magnetischen Materialien. Denn es sind ja die magnetischen Eigenschaften von Materialien, die es möglich machen, in den Geräten Daten zu speichern und sie wieder auszulesen. In vielen Fällen hat die Grundlagenforschung mit entscheidenden Ideen beigetragen, die technischen Fortschritte zu ermöglichen. Und da trotz der bisherigen Miniaturisierung das Ziel nach wie vor „kleiner und schneller“ heisst, wird auch hier weitergeforscht – an neuen Materialien und neuen physikalischen Effekten, die man nutzen könnte, um Daten auf kleinerem Raum zu speichern und schneller zu verarbeiten. Auch hier wird der SwissFEL wesentliche Beiträge leisten, denn die Röntgenpulse werden auch magnetische Prozesse und Strukturen sichtbar machen können – und zwar sehr schnelle Prozesse und sehr kleine Strukturen.
Daten Speichern mit winzigen Magneten
Datenspeicher wie etwa Festplatten sind wohl die bekannteste Form, wie magnetische Materialien in elektronischen Geräten eingesetzt werden. Auf einer Festplatte findet man unzählige kleine magnetisierbare Bereiche, mit einer Grösse von rund 40 mal 40 Nanometer. Jeder solche Bereich ist wie ein winziger Magnet, der mal in die eine Richtung magnetisiert sein kann und mal in die andere. In den Magnetisierungsrichtungen vieler solcher Minimagnete ist dann die Information gespeichert. Will man neue Informationen speichern, muss man die Magnetisierung für einen Teil der Magnetbereiche entsprechend umkehren – ein Prozess der 100'000 Femtosekunden dauert. Sollen die Informationen möglichst dicht gepackt sein, müssen die einzelnen magnetischen Bereiche möglichst klein gemacht werden. Braucht man einen Speicher, den man schnell beschreiben kann, braucht man ein Material, in dem man die Magnetisierungsrichtungen schnell ändern kann.
Magnetisierung in Bewegung
Dabei bestehen die einzelnen Magnetbereiche aus noch viel kleineren Magneten – den atomaren magnetischen Momenten, die gewissermassen die kleinsten magnetischen Bausteine sind. Weisen sie in einem Gebiet alle in eine Richtung, erscheint dieses insgesamt magnetisch. Für die Anwendungen sind besonders die kollektiven Bewegungen der magnetischen Momente wichtig, bei denen viele Momente ihre Richtung ändern. Solche Bewegungen sind beispielsweise entscheidend, wenn Bereiche einer Festplatte ummagnetisiert werden, wenn also der Speicherinhalt geändert wird. Ein Beispiel ist die Verschiebung von Domänenwänden. Diese Wände trennen Gebiete, in denen die magnetischen Momente verschieden ausgerichtet sind, und sie können „wandern“. Dazu müssen die magnetischen Momente auf der einen Seite der Wand ihre Ausrichtung ändern und sich an die Ausrichtung auf der anderen Seite anpassen.
Solche Prozesse wird man am SwissFEL erstmals verfolgen können. Dabei kommt zum Tragen, dass die Röntgenlichtpulse des SwissFEL zwischen verschiedenen Magnetisierungen des untersuchten Materials unterscheiden können.
Daten in Magnetwirbeln – neue Wege der Speicherung
Am SwissFEL wird man nicht nur Vorgänge beobachten können, wie sie heute in Festplatten stattfinden, sondern auch alternative Prozesse, die Grundlage zukünftiger Technologien werden könnten. Auch hier wird die Anordnung der magnetischen Momente – also der elementaren Magnete, die mit einzelnen Atomen verbunden sind – für die Speicherung entscheidend sein. Die Art, wie diese Momente angeordnet sind oder auf welche Weise ihre Anordnung beim ändern des Speicherinhalts verändert wird, können von den heute verwendeten Techniken abweichen.
Zum Beispiel wird man sehen, wie sich magnetische Momente verhalten, wenn man ihre Richtung nicht wie heute üblich mit einem Magneten, sondern mithilfe eines Laserpulses oder eines sogenannten Spinstroms umkehrt. Ein solcher Spinstrom besteht aus Elektronen, deren Spins alle parallel ausgerichtet sind. Der Einsatz von Spinströmen ist die Grundlage der Spintronik, von der man sich Fortschritte bei der Miniaturisierung elektronischer Geräte erhofft.
Ein weiterer Ansatz ist die Datenspeicherung in magnetischen Wirbeln. Hier sind die magnetischen Momente auf einer Ebene in konzentrischen Kreisen angeordnet, wobei sich das Moment genau in der Mitte „nicht entscheiden“ kann, in welche Richtung es weisen soll und so aus der Ebene herausragt. Da ihm dafür zwei mögliche Richtungen zur Verfügung stehen, könnte man in diesen Richtungen Informationen speichern – ein solcher Wirbel würde einer 0 oder 1 entsprechen, der kleinsten Informationseinheit. Der Wirbel würde deutlich weniger Platz einnehmen als ein Magnetbereich auf einer heutigen Festplatte und wäre gegen Datenverlust stabil. Ziel der Forschung am SwissFEL ist, erstmals genau zu beobachten, wie das magnetische Moment in der Mitte des Wirbels seine Richtung ändert – ein entscheidender Vorgang, wenn alte Daten gelöscht und neue gespeichert werden.
Paul Piwnicki
Weiterführende Informationen
- „Es funktioniert: Ultraschnelle magnetische Vorgänge mit Röntgenlaser «live» beobachtet“ – Medienmitteilung zu Experimenten an magnetischen Materialien, die PSI-Forscher am Röntgenlaser LCLS in den USA durchgeführt haben.
- Überblick SwissFEL: http://www.psi.ch/media/swissfel-das-zukunftsprojekt