Grünes Licht für IMPACT: Das für die kommenden Jahre geplante Upgrade an der Protonenbeschleunigeranlage des Paul Scherrer Instituts PSI wird realisiert. Im Rahmen der BFI-Botschaft 2025-2028 wurde die Finanzierung dieser aus zwei Teilen bestehenden Erweiterung zugesichert.
Die Finanzierung der Schweizer Botschaft zur Förderung von Bildung, Forschung und Innovation (BFI) in den Jahren 2025 bis 2028 wurde Mitte Dezember 2024 im Schweizer Parlament beschlossen. Damit ist der Etat bewilligt, den der ETH-Bereich für die kommenden Jahre erhalten wird. Dieser Etat enthält auch 50 Millionen Schweizer Franken, mit denen der ETH Rat das Projekt IMPACT in der Periode 2025-2028 aus zentralen Mitteln kofinanzieren wird. Das Upgrade an den Nutzeranlagen rund um den Protonenbeschleuniger des Paul Scherrer Instituts PSI kann somit realisiert werden.
IMPACT ist ein Gemeinschaftsprojekt des PSI, der Universität Zürich und des Universitätsspitals Zürich. Es umfasst zwei signifikante Aufwertungen an den Forschungsanlagen des PSI:
Erstens werden unter dem Namen HIMB zwei Strahllinien für Experimente mit sogenannten Myonen deutlich verbessert. Myonen werden als Sekundärteilchen durch die Protonen erzeugt. HIMB wird die Anzahl der Myonen, die für Forschungszwecke beispielsweise in der Physik und in den Materialwissenschaften genutzt werden, um einen Faktor 100 erhöhen.
Zweitens wird eine neue Anlage namens TATTOOS gebaut, die der Produktion wichtiger Radionuklide dienen wird. Mit Radionukliden werden Radiopharmazeutika hergestellt, die zur Diagnose und Behandlung von Krebserkrankungen eingesetzt werden.
«Die Zusage der Finanzierung für IMPACT im Rahmen der BFI-Botschaft freut uns sehr», sagt Christian Rüegg, Direktor des PSI. «Wir sind stolz und dankbar, dass wir weiterhin in die Zukunft investieren können. Bildung und Forschung sichern den Wohlstand und die Unabhängigkeit der Schweiz», so Rüegg weiter. «Gerade in finanziell schwierigen Zeiten brauchen wir deshalb starke Forschung und Innovation und strategische, vorausschauende Investitionen. IMPACT ist ein wichtiger Schritt für die Zukunft der Materialforschung, der Medizin und der Teilchenphysik.»
Rüegg, der auch Mitglied des ETH-Rats und dort Vertreter der vier Forschungsanstalten des Bundes ist, weist zugleich kritisch auf die aktuellen Sparmassnahmen hin. «Die Sparmassnahmen, die der Bund für die kommenden Jahre für den ETH-Bereich beschlossenen hat, haben dazu geführt, dass das PSI sowie der gesamte ETH-Bereich bereits stark Prioritäten gesetzt haben. Für die Jahre 2025 bis 2028 mussten Projekte im Umfang von 160 Millionen Schweizer Franken gestrichen werden», merkt er an. Auch die Ausführung von IMPACT ist betroffen: «Wir werden die Umsetzung dieses strategisch bedeutenden Projekts mit weniger Personal durchführen und die nötige Kofinanzierung über einen längeren Zeitraum strecken müssen.»
IMPACT ist ein Upgrade an der Protonenbeschleunigeranlage des Paul Scherrer Instituts PSI, welches ab 2025 umgesetzt wird. IMPACT bedeutet «Isotope and Muon Production with Advanced Cyclotron and Target Technologies» (Isotopen- und Myonenproduktion mit modernen Zyklotron- und Targettechnologien). IMPACT besteht aus zwei Teilen: HIMB und TATTOOS.
HIMB steht für «High-Intensity Muon Beams» (Hochintensive Myonenstrahlen). HIMB ist ein Gemeinschaftsunterfangen des PSI und der Universität Zürich. Es beinhaltet einen Umbau an der Myonen-Anlage, sodass dort bis zu 10 Milliarden Myonen pro Sekunde für die Forschung genutzt werden können.
TATTOOS steht für «Targeted Alpha Tumor Therapy and Other Oncological Solutions» (Gezielte Alpha-Tumor-Therapie und andere onkologische Lösungen). TATTOOS ist eine Zusammenarbeit des PSI, der Universität Zürich und des Universitätsspitals Zürich. Es umfasst eine neue Einrichtung zur Isotopenproduktion, an der Radionuklide für gezielte Krebstherapie und -diagnostik hergestellt werden.
Grundlagenforschung, Materialwissenschaften und Krebsbehandlung
Die am PSI erzeugten intensiven Myonenstrahlen werden vielfältig für wissenschaftliche Untersuchungen eingesetzt: In den Materialwissenschaften nutzen Forschende sie, um Eigenschaften neuartiger Materialien zu verstehen und zukünftige Technologien zu entwickeln. Auch in der Teilchenphysik sind Myonen von Bedeutung, denn an ihnen lassen sich theoretische Beschreibungen der subatomaren Welt und unseres Universums experimentell überprüfen. Archäologische Artefakte schliesslich lassen sich mit Myonen zerstörungsfrei untersuchen, für diese Messungen kommen Forschende von Schweizer Museen ans PSI.
Mit HIMB werden für diese Experimente künftig bis zu 10 Milliarden Myonen pro Sekunde zur Verfügung stehen. «Diese enorm hohe Teilchenrate wird es uns ermöglichen, ganz neue wissenschaftliche Fragestellungen anzugehen», sagt Daniela Kiselev, Physikerin am PSI-Zentrum für Beschleunigerwissenschaften und -technologien sowie Leiterin des Projektmanagementteams für IMPACT.
Die neue Anlage namens TATTOOS wiederum steht im Dienste der Medizin. Radionuklide sind entscheidende Bausteine von Radiopharmaka: medizinische Wirkstoffe, die im Inneren des Körpers gezielt Strahlung auf Krebszellen abgeben, um diese zu zerstören. Gegenüber der etablierten externen Strahlentherapie haben Radiopharmaka den Vorteil, dass sich damit auch Metastasen erreichen lassen. Die Radionuklide, die am PSI künftig hergestellt werden, sollen einen zweifachen Nutzen haben und zunächst zur genauen Diagnose eingesetzt werden, bevor es mit eng verwandten Nukliden an die personalisierte Therapie geht. Das PSI hat mit dem Zentrum für radiopharmazeutische Wissenschaften des PSI bereits jahrzehntelange Erfahrung auf diesem Gebiet.
«Im Sinne der personalisierten Medizin wird langfristig eine grosse Bandbreite verschiedener Radionuklide in ausreichender Menge für die Tumor-Therapie benötigt», erklärt Kiselev. «Das lässt sich nur mit Teilchenstrahlen genügend hoher Energie und Intensität realisieren. Deshalb ist die Protonenbeschleunigeranlage hier am PSI der ideale Ort dafür.»
Kontakt
Weitere Informationen
Weitere Artikel zum Thema
Über das PSI
Das Paul Scherrer Institut PSI entwickelt, baut und betreibt grosse und komplexe Forschungsanlagen und stellt sie der nationalen und internationalen Forschungsgemeinde zur Verfügung. Eigene Forschungsschwerpunkte sind Zukunftstechnologien, Energie und Klima, Health Innovation und Grundlagen der Natur. Die Ausbildung von jungen Menschen ist ein zentrales Anliegen des PSI. Deshalb sind etwa ein Viertel unserer Mitarbeitenden Postdoktorierende, Doktorierende oder Lernende. Insgesamt beschäftigt das PSI 2300 Mitarbeitende, das damit das grösste Forschungsinstitut der Schweiz ist. Das Jahresbudget beträgt rund CHF 460 Mio. Das PSI ist Teil des ETH-Bereichs, dem auch die ETH Zürich und die ETH Lausanne angehören sowie die Forschungsinstitute Eawag, Empa und WSL. (Stand 06/2024)