Mehr Magnete, weichere Kurven: das Upgrade der SLS

Die Synchrotron Lichtquelle Schweiz SLS soll in den kommenden Jahren ein Upgrade bekommen: Die SLS 2.0. Der Umbau wird möglich durch neueste Techniken und wird eine Grossforschungsanlage schaffen, die für weitere Jahrzehnte den Bedürfnissen der Forschenden gerecht wird.

Philip Willmott und Terence Garvey (von links nach rechts), die beiden Projektleiter des upgrades SLS 2.0 an einem Modell der SLS.
(Foto: Paul Scherrer Institut/Mahir Dzambegovic)
Simulierte 3-D-Ansicht eines Teils des Elektronenspeicherrings nach dem Upgrade SLS 2.0. Gezeigt sind Magnete auf ihren Tragkonstruktionen.
(Grafik: Paul Scherrer Institut/Ulrich Frommherz)
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Seit 2001 leistet «das Ufo» zuverlässige und beste Dienste: Im kreisrunden Gebäude der Synchrotron Lichtquelle Schweiz SLS betreiben Forschende des PSI und aus aller Welt Spitzenforschung. Sie untersuchen beispielsweise die elektronischen Eigenschaften neuartiger Materialien, ermitteln die Struktur medizinisch relevanter Proteine und machen die Nanostruktur eines menschlichen Knochens sichtbar.

«Im internationalen Vergleich hat die SLS nun beinahe zwei Jahrzehnte lang Massstäbe gesetzt», sagt Terence Garvey, Verantwortlicher der Beschleuniger-Planung SLS 2.0. Nun, fährt Garvey fort, sei es an der Zeit für eine Modernisierung. Die SLS soll in absehbarer Zeit das Upgrade mit dem Projekttitel SLS 2.0 erhalten. Die SLS verbleibt im selben Ufo-förmigen Gebäude, bekommt aber Veränderungen an entscheidenden Stellen im Inneren. Garvey ist einer der beiden Projektleiter des Upgrades, der andere ist Philip Willmott.

Der derzeitige Stand der SLS: Die Grossforschungsanlage am PSI ist schweizweit einmalig. Weltweit ist sie eine von rund zwei Dutzend Synchrotron Lichtquellen. Sie alle produzieren Röntgenstrahlung, indem Elektronen mit beinahe Lichtgeschwindigkeit in der Röhre eines sogenannten Elektronenspeicherrings herumsausen. Von sich aus würden die Elektronen geradeaus fliegen. Um sie also auf der ungefähren Kreislinie des Speicherrings zu halten, sind besondere Magnete nötig, die die Elektronen von ihrem ansonsten geraden Weg ablenken. Und jede der von den Magneten erzeugten Kurven führt dazu, dass die Elektronen Licht emittieren – das sogenannte Synchrotronlicht.

An der jetzigen SLS wird an 17 Punkten entlang des Speicherrings Synchrotronlicht gezielt für den Einsatz in Experimenten erzeugt. Es handelt sich um Röntgenlicht und damit um hoch energetische Strahlung. Es ist zudem sehr intensiv. Wäre die Strahlung im sichtbaren Bereich, würden wir sie als extrem hell wahrnehmen. Fachleute nutzen den Begriff «Brillanz».

Das meint, dass es in einem sowohl eng gebündelten als auch über eine längere Strecke in sich selbst parallelen Strahl verläuft, der viele Lichtteilchen der gleichen Energie pro Sekunde enthält. Dies macht das Röntgenlicht der SLS zu einem ausgezeichneten Werkzeug für hochmoderne Forschung.

Untersuchungen für medizinische Wirkstoffe der Zukunft

Das Upgrade zur SLS 2.0 sieht vor, dieses Röntgenlicht noch «heller» zu machen und die Strahlen noch enger zu bündeln. «Das ist zum Beispiel sehr wichtig für die Untersuchung von Membranproteinen», erklärt Philip Willmott, der von wissenschaftlicher Seite auf den anstehenden Ausbau schaut. Membranproteine sitzen in der Zellhülle und sind für den Transport von Chemikalien oder Signalen in und aus der Zelle zuständig. Daher sind sie ein idealer Andockpunkt für medizinische Wirkstoffe: Zwei Drittel aller neu zugelassenen Pharmazeutika zielen auf Membranproteine, um darüber gewünschte Veränderungen im Körper hervorzurufen.

Doch so gut die jetzige SLS darin ist, viele andere Proteinstrukturen aufzuklären – und so den Entwicklern von Pharmazeutika die nötigen Informationen an die Hand zu geben –, so schwer tut sie sich noch mit Membranproteinen. Denn diese bilden notorisch winzige Proteinkristalle von rund einem zehntausendstel Millimeter oder noch kleiner. «Um diese effizient zu untersuchen, braucht es einen entsprechend schmalen, in sich parallel verlaufenden, intensiven Strahl», sagt Willmott.

Das wird nun möglich: «Die Technik und das Ingenieurwesen sind seit der erstmaligen Inbetriebnahme der SLS im Jahr 2001 deutlich weitergekommen. Diese neuen Möglichkeiten wollen wir jetzt ausnutzen und umsetzen», so Garvey.

Eine Kette führt zum Upgrade

Die Liste der Dinge, die für einen besseren Synchrotronstrahl nötig sind, beinhaltet erstens: Mehr und kleinere Magnete als bisher – um die Elektronen auf einer besseren Kreisbahn zu führen. Zudem eine Röhre mit schmalerem Durchmesser – damit die Magnete näher an die Elektronen heranrücken können. Und drittens eine neue Vakuum-Technologie – denn wenn die Röhren so schmal sind, lässt sich mit bisherigen Pumpen kein ausreichend gutes Vakuum erreichen; ein Phänomen, das nachvollziehen kann, wer schon einmal durch einen Strohhalm getrunken hat: Je dünner der Halm, desto stärker muss man ziehen. Es ist also eine ganze Reihe von miteinander verbundenen Faktoren, die inzwischen alle realisierbar sind.

Garvey erzählt, wie dies möglich wurde: «Seit Kurzem gibt es eine Technik, bei der man die Innenseite der Röhren mit einem Material beschichtet, das die Gasatome aufnimmt – ähnlich wie ein Schwamm, der Wasser aufsaugt.» Der Name dafür ist «Non-evaporable getter coating». Erst damit, so Garvey weiter, eröffnete sich der Weg für eine schmalere Speicherring-Röhre. Diese wiederum erlaubt es, die Magnetanordnungen, die um den Querschnitt der Röhre platziert sind, sowohl kleiner als auch enger beieinander zu gestalten. «Zudem braucht es auch neuartige Magnete – sowie computergesteuerte Fertigungstechniken, mit der sich die Magnete mit Mikrometer-Präzision herstellen lassen», ergänzt Garvey.

Sanfter um die Kurve

Diese Details waren nötig, um eine neue Anordnung der Magnete rund um den Elektronenspeicherring zu ermöglichen: Statt die «Kurven» im Ring durch wenige Magnete zu erzeugen, sollen sie bei der SLS 2.0 jeweils durch eine Anordnung von mehr und kleineren Magneten bewerkstelligt werden. «Die bislang etwas abrupten, also engeren Kurven werden dadurch sanfter und gleichmässiger angeordnet», so Garvey. Eine solche Anordnung – genannt Diffraction Limited Storage Ring – kommt zunächst der Qualität des Elektronenstrahls zugute – und schliesslich auch den Synchrotron-Strahlen. «Der Durchmesser des Synchrotronstrahls wird dadurch schrumpfen und zugleich wird sein Licht über eine noch längere Strecke in sich parallel bleiben», fasst Willmott zusammen.

Was das Upgrade den Forschenden konkret bringt? «Unseren Berechnungen zufolge werden die Kennzahlen der Röntgenstrahlung der SLS 2.0 um das 30- bis 35-Fache besser sein als jetzt», sagt Willmott. «Da die verschiedenen Experimente das Synchrotronlicht auf jeweils unterschiedliche Weise nutzen, könnte je nach Experiment die Datenqualität verdreifacht werden, während sie sich bei anderen sogar vertausendfacht oder möglicherweise sogar noch mehr verbessert.»

Menschen mit guten Ideen

Simpel wird der geplante Ausbau nicht. «Wir müssen bedenken, dass im internationalen Vergleich der Synchrotronquellen das Gebäude der SLS und damit auch der Speicherring eher klein ist», sagt Garvey. Je mehr Platz zur Verfügung stünde, desto einfacher wäre es, die vielen Magnete unterzubringen, die dafür sorgen, dass der Elektronenstrahl in grossen, sanfteren Kurven verläuft. «Wir haben in dieser Hinsicht also einen leichten Nachteil. Aber wir gleichen den aus: Denn glücklicherweise haben wir hier auch viele Menschen, die gute Ideen haben.»

Text: Paul Scherrer Institut/Laura Hennemann

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