Das Upgrade-Projekt SLS 2.0

Im Jahr 2001 ging die Synchrotron Lichtquelle Schweiz SLS erstmals in Betrieb. Seither steht die Grossforschungsanlage einer grossen Wissenschaftsgemeinde in der Schweiz und weltweit zur Verfügung. Damit die Forschenden hier auch in Zukunft eine Anlage vorfinden, die ihren Bedürfnissen gerecht wird, erhält die Anlage derzeit das Upgrade SLS 2.0.

Die Synchrotron Lichtquelle Schweiz SLS liefert besondere Lichtstrahlen für die Forschung. Es handelt sich um Röntgenlicht mit hoher Helligkeit, das sich für viele verschiedenartige Untersuchungen zum Beispiel in den Bereichen Physik, Materialwissenschaften, Biologie, Chemie, Umweltwissenschaften oder auch von archäologischen Funden eignet.

Forschung an der SLS

An ihren insgesamt rund 20 Experimentierstationen verfügt die Anlage über weltweit führende Instrumente. An einigen der sogenannten Strahllinien lässt sich die Struktur von Proteinen entschlüsseln, an anderen können Forschende mit einer Auflösung von Nanometern oder noch genauer und zudem in 3-D ins Innere von Materialien blicken. An wieder anderen lässt sich erforschen, wie sich die Elektronen in Feststoffen verhalten und wie dadurch Magnetismus oder Supraleitung zustande kommt.

Wie Synchrotronlicht entsteht

Das besondere Licht der SLS stammt von Elektronen, die zunächst auf enorme Geschwindigkeiten beschleunigt werden: Im Gebäude der SLS befindet sich ein sogenannter Elektronenspeicherring. Hier verläuft – gut geschützt hinter dicken Betonmauern – eine Metallröhre im Kreis. Die Röhre ist an starke Pumpen angeschlossen, die alle Luft daraus absaugen und ein Vakuum erzeugen. Elektronen – also unvorstellbar winzige, negativ geladene Elementarteilchen – werden zunächst in einem Teilchenbeschleuniger auf hohe Geschwindigkeit gebracht und dann in diese Röhre geleitet. Mit 99,999998-prozentiger Lichtgeschwindigkeit rasen sie dort in einem Kreis, der einen Umfang von 288 Metern hat. Das heisst: Jedes Elektron fliegt pro Sekunde eine Million Runden im Speicherring.

Auf dieser Kreisbahn werden die Elektronen durch spezielle Magnete gehalten. Diese Bauteile – deren Grösse zwischen der eines Schuhkartons und der einer Zügelkiste schwankt – umschliessen an vielen Stellen entlang des Speicherrings die Röhre. Die Magnete sorgen dafür, dass die Flugbahn der Elektronen eine Richtungsänderung erhält. Die Eigenschaften der Magnete bestimmen somit jeweils, wie stark die Elektronen abgelenkt werden. Streng genommen fliegen die Elektronen also keine perfekte Kreisbahn, sondern werden so oft abgelenkt, dass sie entlang eines Vielecks fliegen.

Einige der Magnete haben zudem eine weitere Aufgabe: Hier wird das Röntgenlicht, das Elektronen bei jedem Richtungswechsel und damit in jeder Kurve automatisch erzeugen, vom Elektronenspeicherring zu den Experimentierstationen geleitet. Dieses Röntgenlicht nennt man auch Synchrotronlicht.

Das Ziel

Die Qualität des Synchrotronlichts hängt stark von den Details des Elektronenpfades im Speicherring ab. Konkret erzeugen enge Kurven zwar der Forschung dienliche Strahlen, viele schwache Richtungsänderungen dagegen, die also in der Summe sanfte Kurven ergeben, erzeugen für die Forschenden qualitativ bessere, das heisst vor allem hellere Strahlen. Anders gesagt: Aus dem Vieleck des Elektronenspeicherrings soll eines mit noch mehr Ecken werden.

Diese Änderung ist das Herz des Upgrades SLS 2.0: Es werden deutlich mehr Magnete als bisher eingebaut, von denen jeder die vorherige Elektronenbahn mit ihren relativ grossen Winkeln in eine mit vielen kleinen Winkeln verändert.

Simulierte 3-D-Ansicht eines Teils des Elektronenspeicherrings nach dem Upgrade SLS 2.0. Gezeigt sind Magnete auf ihren Tragkonstruktionen.
(Grafik: Paul Scherrer Institut/Ulrich Frommherz)

Die Herausforderung – und die Lösung

Die grösste Schwierigkeit beim Projekt SLS 2.0: Noch mehr Magnete entlang des Speicherrings unterzubringen, der zuvor schon mit rund 100 000 Kontrollinstrumenten für Temperatur, Magnetströme, Vakuumdruck und dergleichen gespickt war.

Die Lösung dieses Problems erfordert eine ganze Reihe von Massnahmen:

Damit mehr Magnete Platz haben, muss zunächst jeder Magnet kleiner werden. Allerdings haben kleinere Magnete, solange der Abstand zwischen ihrem Nord- und Südpol gleich bleibt, einen geringeren Einfluss auf den Elektronenstrahl. Um dennoch die nötige Feldstärke zu erreichen, müssen die neuen Bauteile näher an die Bahn der Elektronen heranrücken. Dafür war der ehemalige Durchmesser der Speicherring-Röhre zu gross. Eine schmalere Röhre musste her. Aus einer sehr schmalen Röhre jedoch ist es deutlich schwieriger, die Luft abzusaugen – also ein ausreichend gutes Vakuum darin zu erzeugen. Um wiederum diesem Problem zu begegnen, hat die neue Rohr-Innenfläche eine spezielle Beschichtung, ein sogenanntes «Non-evaporable getter coating». Diese fängt Gasatome dauerhaft auf und verbessert damit die Qualität des Vakuums entscheidend.

Die SLS nach dem Upgrade

All diese Massnahmen führen dazu, dass der Synchrotronstrahl, der schliesslich bei den Experimentierstationen der SLS ankommt, rund 40-fach bessere Werte aufweist als der vorherige. Dies meint: Der Durchmesser des Strahls schrumpft, der Strahl wird also bei gleichbleibender Intensität noch feiner. Und er wird zudem über eine noch längere Strecke in sich selbst parallel bleiben, was bedeutet, dass sich der Strahl selbst nach mehreren Metern kaum aufgeweitet hat. Davon wird unter anderem die Untersuchung sehr kleiner Proben stark profitieren.

Am 30. September 2023 wurde die SLS für die grossen Umbauarbeiten des Upgrades SLS 2.0 abgeschaltet. Damit begann an der Grossforschungsanlage die 15 Monate dauernde sogenannte „Dark Time“

Weiterführende Informationen

  • SLS 2.0 (für Nutzer und andere Fachpersonen)